"Verkrustetes" System Deutschland?

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Hier beginnt ein geteilter Beitrag. Der Ausgangspunkt der Diskussion findet sich unter "Werbeforum" -> "...arbeit für arbeit..."
Ventum


@Tom, sorry dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe, eine einseitige Staatsschelte war von mir nicht beabsichtigt, frage mich allerdings auch wo Du diese aus meinem Posting herausliest :?: . Meinte vor allem nachstehende Passage von Albert:

Zitat von albert

zur steuer......versucht euch mal einen überblick zu verschaffen über die sogenannten pflichtaufgaben der städte, kreise, länder und des bundes.....und dann fragt mal vorsichtig, wovon denn diese von der "Gesellschaft" gewollten u. getragenen aufgaben denn realisiert werden sollen????

Es geht nicht ohne steuer, JEDER flüchtling ist "nicht zum gemeinswesen hin orientiert".....sondern mehr oder weniger auf SEIN profit bedacht. Nennt man das nicht auch anti-sozial ????
Tricksen und betrügen wird zum volkssport, wer nicht mitmacht ist naiv???? ...

Ich bin in dem Punkt "Jeder hat in der Gemeinschaft in der lebt, seinen angemessenen Solidarbeitrag z.B. inform von Steuern etc. zu leisten." durchaus Alberts Meinung, nur verträgt sich dieser Standpunkt für mich nicht mit dem Anspruch eine Leistung für ein Drittel des Preises einkaufen zu wollen, den ein ordentlicher gewerblicher Betrieb dafür benötigt. (siehe auch das Posting von provence)

Zitat von provence

...Normal könnte ich diese Arbeiten für etwa 35 Euro/Std. übernehmen...wenn du eine Firma findest die wirklich für 12,50 Euro/Std. arbeitet, ist da bestimmt irgendwas faul!....

Bitte nicht falsch verstehen, ich will damit keinen angreifen! Die beiden Ansprüche sind für mich lediglich konträr.

Wenn Ihr mich jetzt zerreißen wollt, so what ...!

Gruß
Hardy

[Cyrus]

Ich möchte mal etwas zu den 12,50 schreiben.

Ich habe schon drei Firmen (Bekannte) im Haus gehabt die für einen änlichen Betrag gearbeitet haben und mir eine Rechnung ausgestellt haben. Allerdings geht das nur, wenn man etwas Zeit hat.

Nach dem Motte:
"Schick mir doch Deine Jungs vorbei, wenn Ihr nichts zu tun habt."

Dann sind 12,50 in der Kasse besser als gar nichts!

[TomM]

Jepp, dann isses Deckungsbeitrag für Leerlaufzeiten und ok.

Manchmal glaub ich schon, dass die Leute den Handwerkern, Selbständigen nicht das gleiche Einkommen gönnen, dass sie selbst beziehen.

Hat denn schon mal einer nachgerechnet, Private Krankenversicherung, Eingene Rentenabsicherung, Betriebsunterbrechung und solche Dinge - da wird die Steuer fast zur Nebensache.

Ach ich hab kein Lust mehr zu schreiben, ist mir zu früh.

[Thomas_DE37cr]

Zitat von provence

Fürs Schleifen braucht man glaube ich keinen Meister. Beim Streichen währe ich mir nicht so sicher . Für's Spachteln brauche ich laut Handwerkskammer Münster einen Meisterbrief! (Maler, Lackierer, Stuckateur) :....
Auf die Frage, welche Tätigkeiten ich denn nun ohne Meister ausüben darf, habe ich nur die Antwort bekommen:"Sie dürfen alles tun! Wenn aber Jemand was dagegen hat das sie das tun, müssen die Gerichte entscheiden!"

Hallo Kollegen...

langsam frage ich micht tatsächlich, wenn ich als Eidgenosse diese Diskussion verfolge, was ist eigentlich in der "Deutschen, freien Marktwirtschaft" noch erlaubt ? Das ist ja Wahnsinn, dass bei Euch die Gerichte über die Berechtigung einer Arbeitsausführung entscheiden müssen Bei uns ist das einzig und alleine das Risiko des Auftraggebers und damit basta! Jetzt bin ich dann bald auch der Meinung, dass Deutschland ein riesen Problem hat. So nach dem Motto der alten kommunistischen Lehre: "alles ist verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist"!
Setzt mal Eure Gewerkschaftsfunktionäre alle ab und schickt die Arbeiten.

Habe gestern Sabine Christiansen geschaut. Da ist mir beinahe die Spucke weggeblieben. Da behaupten Politiker + Funktionäre, meistens sogar Anwälte, was von Wirtschaft zu verstehen Habe mir als Betriebswirtschafter noch nie angemasst, in ein Gerichtsverfahren reinzureden, verstehe auch nichts davon, weil nicht ausgebildet. Und Eure Politiker von links bis rechts und unten wieder rum... sind da alle bestens kompetent. Ein Chemiker aus dem Saarland in intern. Finanz- und Wirschaftspolitik, ein Anwalt aus Niedersachsen (CDU) in Arbeitspolitik.... mir graust es und sehe schwarz wenn IHR Wähler nicht da mal Remedur befiehlt. Mein Interesse gilt lediglich unserem grössten Export-Handelspartner (60 % Anteil an unserem gesamten Export und der beträgt auch ca. 60 % des BSP) daher ist ein Schnupfen bei Euch bereits ein Husten bei uns. Sorry wenn ich da mal mich reinmische.. aber ist es ja schon evident was in unserem grossen Nachbarkanton so alles abläuft.

mit nachdenklichen Grüssen
Thomas

[Pit]

Hallo Thomas,

da hast Du so was von recht.....
ich war in 2 Gewerben hauptberunflich und bin noch in einem Gewerbe nebenberuflich tätig.

damals in der IT-Branche mit eigenem Laden (und sogar Patent für meine PC) und eigenem Techniker, den aber wg. Meister etc. nur als Subunternehmer! und als 2. Standbein Gebäudereinigung. Sogar OHNE Meister!!!
Der Trick: Absprache mit den ansässigen und Ausnahmegehenmigung der HWK, weil diese Arbeiten von den Grossen abgelehnt wurde! Gin leider in die Hose, als die damals neue Regelung der Geringverdienerjobs kam. Da sind mir 5 Angestellt gleichzeitig abgesprungen und ich konnte alle Kunden versuchen selbst zu bedienen und bestmöglich die Verträge aufzulösen.

AABER: wehe du willst in D Fenster reinigen, das geht nicht, denn nur Glasreinigen ist frei. Wenn nun der Rahmen mit nass wird, musst Du den natürlich trocknen bzw. dien von Dir verteilten Schmutz entfernen, aber du darf ihn nicht reinigen!

Jetzt macht meine Frau (auf meinen Namen, der Krankenvers. wegen) und ich ein Wenig als Wellnessberater/in Beratung und Verkauf.

Bis wir von der IHK mal Bescheid hatten welchen Begriff wir ohne Ausbildung als Ernährungsberater nutzen dürfen..... (Die Ausbildung läuft aber)

DAS ist Deutschland.

Ach ja: Trotz stetig steigendem Umsatz mit dem PC-Laden seinerzeit waren die Nebenkosten (vor allem der Steuerverbrater) riesig und die Handelsspanne winzig.

Na Ja - seit ein paar Jahren habe ich einen guten festen Job in einem IT-Unternehmen und endlich wieder geregelte Zeiten für die Familie bei echt gutem Einkommen. (Obwohl auch die Selbständigkeit ein paar nicht zu verachtende Vorteile hat - aber das muss jeder für sich entscheiden und gut planen)

Pit

[Tobsucht]

Hoi Thomas,

Du hast es voll getroffen.Unsere "Volksvertreter" sind Lehrer,Beamte und Gewerkschaftler.Angestellte oder Unternehmer gibt's da nicht.Alle sind privat versichert,zahlen keinen Cent in die Sozialkassen ein,bestimmen aber großmäulig über die Abgaben der Büger,die sich jeden Euro in der freien Wirtschaft hart erarbeiten müssen.Da sitzt der Verdi-Fatzke im Vorstand von Lufthansa und bestreikt seinen eigenen Laden mit 20%.Alle Tassen im Schrank haben die eh nicht mehr.

Ich schwöre:"Sollte jemals unsere Müllabfuhr streiken,schmeiße ich meinen gesamten Haus-Bio-und Verpackungsmüll vor's Finanzamt,komme was wolle!!!!!"

Gruß Tobsucht!

[Thomas_DE37cr]

Zitat von Tobsucht

Hoi Thomas,

Du hast es voll getroffen. Unsere "Volksvertreter" sind Lehrer,Beamte und Gewerkschaftler. Angestellte oder Unternehmer gibt's da nicht.

Gruß Tobsucht!

Hallo Pit, hallo Tobsucht (was für ein schöner Name zu diesem Thema)

ich will nicht ein politisches Forum aus dem Unseren machen, ebenso wenig belehren. Aber es macht mich eben doch bedenklich nachsinnig, was da bei Euch läuft. Und ihr seid nun mal der ECO-Motor in Europa!

Ich denke aus der "Aussenposition" des interessierten Beobachters, dass ihr euch einen gehörigen "Klumpfuss" angeschafft habt. Nämlich das Berufsparlament, dominiert durch Juristen, Sozial- und Politikwissenschaftler, ja auch Lehrer usw. - Die hören sich i.d.R. gerne sprechen, verordnen Verbote und Gebote nachdenen sie dann unter dem Mantel der Staatsraison das Dikatat und die Entmündigung des Stimmbürgers praktizieren. Preussen und Harzburg lassen grüssen !

Nein, Euch fehlt die Notbremse im System, d.h. das Gesetzesreferendum und die Volksinitiative. Damit hätten diese abgehobenen Egomanen einen Bremsmechanismus welcher das Primat des letzten Wortes wiederum dem Stimmbürger gibt, die sie ja alle so "wohlwollend"vertreten. Bsirske und alle die Anderen sind ein Eigenprodukt Eurer Strukturen. Ebenso die Physiker, Chemiker und vor allem die Juristen die sich in allen Themen eine Kompetenz anmuten, die kein anderer wagen würde.
Mit tat jeweils der Olaf Henkel bei Sabine C. richtig leid, er wusste wenigstens von was er sprach und hat seine Erfahrungen von der Picke auf gemacht. Keine Chance gegen die "Lobby" der Berufsparlamentarier von links bis rechts. Ich hatte den mal im weitesten Sinne als "Oberchef" bei IBM.

Zudem denke ich sind Eure Verfassungsstrukturen ebenso überholt wie gewisse bei uns. Nämlich die Pervertierung des 2-Kammer-Systems. Eigentlich zur Kontrolle und regionalen Interessenausgleich gedacht, sind es die gleichen Machtbesessenen, die dort entweder auf Obstruktion oder aber Selbstprofilierung, sicher aber auf Egoismus machen. Bei uns ist in der "Länderkammer" kein einziger Regierungsratspräsident eines Kantons zugelassen. Der hat ein Mandat in "seinem Land" und soll das gefälligst dort ausüben, für das er ursprünglich gewählt wurden. Ein Parlamentarier bei uns ist ein Milizparlamentarier, der für seine Arbeit kaum das Jahressälär einer Verkäuferin bei Aldi erhält. Hat auch keinen vergoldeten Fallschirm im Falle einer Abwahl! Dafür ist er gewählt, kennt die Bedingungen und geniesst dafür ein zeitlich limitiertes, gewisses Ansehen.

Wir sind eine "Patchworknation" von Kulturen, Sprachen, Rassen und Mentalitäten (mit einem Ausländeranteil von über 16 % an der Landesbevölkerung - Euer Einwanderungsgesetzt lässt grüssen!!).
Die stärkste Partei im Parlament hat bei uns gerade mal ca. 24 % Stimmanteil. Dafür ist die Vertretung der Parteilosen in Gemeinden, Kantonen und dem Eidgenösischen Parlament stets spürbar. - Also wir sind ein Volk von Minderheiten, wohin das Auge reicht, auch im Parlament. Und das ist gut so. Damit bleibt die Sache einigermassen im Vordergrund und keiner kann über die anderen dominieren. Und dann wenn alles aus dem Ruder läuft, hat das Volk mit einem Referendum oder Initiative das "letztete Wort" und kann die abgehobene(n) Politik(er) wieder zur Räson bringen.

Euer Berufsparlament erinnert mich an das Sprichwort, "dass es für eine Schafherde nicht unbedingt von Vorteil ist, wenn der Hirt auch ein Schaf ist ". Aber in Eurem Bundestag gibt es - glaube ich - nur Schafe.. wenige Weisse und viele viele Schwarze, Rote, Grüne und und ... denke ich!

Aber wie sagte Churchill treffend: "Jedes Volk hat die Regierung die es verdient".

Sorry liebe deutsche Freunde: wie gesagt, nicht belehrend, nicht beleidigend, lediglich feststellend aus der südlichen Betrachtungsperspektive. Und mit dem schon erwähnten Ansatz, was bei Euch passiert betrifft auch uns. So einfach!

Fazit:
Engagiert Euch mit dem Stimmzettel und wählt... ein Vier- Fünf- oder von mir aus Zehnparteien Parlament. Dann muss automatisch wieder über die Sache diskutiert werden und die revisionsbedürftige Verfassung den Konditionen des 21-Jahrhunderts angepasst werden. Die abgehobenen Parlamentarier machen's bestimmt nicht, wären ja schön blöde, nicht :?:

PS: Schlussendlich dürfen die Frauen bei uns jetzt auch ihre Stimme abgeben und das hat uns nicht "umgebracht"

Gruss aus dem "Herzen Europas"
Thomas

[Thomas_DE37cr]

Sollte der "schöne Guido" allenfalls auch hier im BF vertreten sein, oder ein anderer Berufspolitiker dem ich auf den "Schlips" gestampft bin... stelle ich mich für eine Stunde freiwillig im Chat an den Pranger... garantiert !

[provence]

Hmm!?

*** Als Anregung ***

Vielleicht sollte man den Thread teilen und den "Handwerksteil" in den Schwarzen Kanal verschieben!

Albert wird hier wohl so nicht wirklich geholfen!


MOD-Info:
Thread wurde geteilt. Der Ursprungsbeitrag von Albert steht weiterhin unter "Werbeforum"

[ramsey]

Moin Thomas - Du hast schon recht mit deinen Beobachtungen aus dem Nachbarland. Das Ganze verschärft sich ja noch dadurch, daß Änderungen im System nach unserer Verfassung letztlich von denen beschlossen werden müßten, die vom jetzigen System profitieren und es selbst geschaffen haben. Uns wäre ja auch geholfen, wenn wir ein System hätten, in dem der einzelne Abgeordnete sich ohne Absicherung durch die Landeslisten der Parteien unmittelbar den Wählern in seinem Wahlkreis verantworten müßte. Aber das führte zu einer Entmachtung der Parteien und die werden sie wohl kaum selbst betreiben.
Gruß
Ramsey

[Esmeralda]

KURZER ABRISS DER NATIONALÖKONOMIE

von Kurt Tucholsky

Nationalökonomie ist, wenn die Leute sich wundern, warum sie kein Geld haben. Das hat mehrere Gründe, die feinsten sind die wissenschaftlichen Gründe, doch können solche durch Notverordnungen aufgehoben werden.
Über die ältere Nationalökonomie kann man ja nur lachen und dürfen wir selbe daher mit Stillschweigen übergehn. Sie regierte von 715 vor Christo bis zum Jahre 1 nach Marx. Seitdem ist die Frage völlig gelöst: die Leute haben zwar immer noch kein Geld, wissen aber wenigstens, warum.
Die Grundlage aller Nationalökonomie ist das sog. <Geld>.
Geld ist weder ein Zahlungsmittel noch ein Tauschmittel, auch ist es keine Fiktion, vor allem aber ist es kein Geld. Für Geld kann man Waren kaufen, weil es Geld ist, und es ist Geld, weil man dafür Waren kaufen kann. Doch ist diese Theorie inzwischen fallen gelassen worden. Woher das Geld kommt, ist unbekannt. Es ist eben da bzw. nicht da - meist nicht da. Das im Umlauf befindliche Papiergeld ist durch den Staat garantiert; dieses vollzieht sich derart, daß jeder Papiergeldbesitzer zur Reichsbank gehen und dort für sein Papier Gold einfordern kann. Das kann er. Die obern Staatsbankbeamten sind gesetzlich verpflichtet, Goldplomben zu tragen, die für das Papiergeld haften. Dieses nennt man Golddeckung.
Der Wohlstand eines Landes beruht auf seiner aktiven und passiven Handelsbilanz, auf seinen innern und äußern Anleihen sowie auf dem Unterschied zwischen dem Giro des Wechselagios und dem Zinsfluß der Lombardkredite; bei Regenwetter ist das umgekehrt. Jeden Morgen wird in den Staatsbanken der sog. <Diskont> ausgewürfelt; es ist den Deutschen neulich gelungen, mit drei Würfeln 20 zu trudeln.
Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten.
Wenn die Ware den Unternehmer durch Verkauf verlassen hat, so ist sie nichts mehr wert, sondern ein Pofel, dafür hat aber der Unternehmer das Geld, welches Mehrwert genannt wird, obgleich es immer weniger wert ist. Wenn ein Unternehmer sich langweilt, dann ruft er die anderen und dann bilden sie einen Trust, das heißt; sie verpflichten sich, keinesfalls mehr zu produzieren, als sie produzieren können sowie ihre Waren nicht unter Selbstkostenverdienst abzugeben. Daß der Arbeiter für seine Arbeit auch einen Lohn haben muß, ist eine Theorie, die heute allgemein fallengelassen worden ist.
Eine wichtige Rolle im Handel spielt der Export. Export ist, wenn die anderen kaufen sollen, was wir nicht kaufen können; auch ist es unpatriotisch, fremde Waren zu kaufen, daher muß das Ausland einheimische, als deutsche Waren konsumieren, weil wir sonst nicht konkurrenzfähig sind. Wenn der Export andersrum geht, heißt er Import, welches im Plural eine Zigarre ist. Weil billiger Weizen ungesund und lange nicht so bekömmlich ist wie teurer Roggen, haben wir den Schutzzoll, der den Zoll schützt sowie auch die deutsche Landwirtschaft. Die deutsche Landwirtschaft wohnt seit fünfundzwanzig Jahren am Rande des Abgrunds und fühlt sich dort ziemlich wohl. Sie ist verschuldet, weil die Schwerindustrie ihr nichts übrig läßt, und die Schwerindustrie ist nicht auf der Höhe, weil die Landwirtschaft ihr zu viel fortnimmt. Dieses nennt man den Ausgleich der Interessen. Von beiden Institutionen werden hohe Steuern gefordert, und muß der Konsument sie auch bezahlen.
Jede Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andere werde gepumptes Geld zurückzahlen. Tut er das nicht, so erfolgt eine sog. <Stützungsaktion>, bei der alle, bis auf den Staat, gut verdienen. Solche Pleite erkennt man daran, daß die Bevölkerung aufgefordert wird, Vertrauen zu haben. Weiter hat sie ja dann auch meist nichts mehr.
Wenn die Unternehmer alles Geld im Ausland untergebracht haben, nennt man dieses den Ernst der Lage. Geordnete Staatswesen werden mit einer solchen Lage leicht fertig; das ist bei ihnen nicht so wie in den kleinen Raubstaaten, wo Scharen von Briganten die notleidende Bevölkerung aussaugen. Auch die Aktiengesellschaften sind ein wichtiger Bestandteil der Nationalökonomie. Der Aktionär hat zweierlei wichtige Rechte: er ist der, wo das Geld gibt, und er darf bei der Generalversammlung in die Opposition gehen und etwas zu Protokoll geben, woraus sich der Vorstand einen sog. Sonnabend macht. Die Aktiengesellschaften sind für das Wirtschaftsleben unerläßlich: stellen sie doch die Vorzugsaktien und die Aufsichtsratsstellen her. Denn jede Aktiengesellschaft hat einen Aufsichtsrat, der rät, was er eigentlich beaufsichtigen soll. Die Aktiengesellschaften haftet dem Aufsichtsrat für pünktliche Zahlung der Tantiemen. Diejenigen Ausreden, in denen gesagt ist, warum A.-G. keine Steuern bezahlen kann, werden in einer sogenannten <Bilanz> zusammengestellt.
Die Wirtschaft wäre keine Wirtschaft, wenn wir die Börse nicht hätten. Die Börse dient dazu, einer Reihe aufgeregter Herren den Spielklub und das Restaurant zu ersetzen. Die Börse sieht jeden Mittag die Weltlage an: dies richtet sich nach dem Weitblick der Bankdirektoren, welche jedoch meist nur bis zu ihrer eigenen Nasenspitze sehn. Schreien die Leute auf der Börse außergewöhnlich viel, so nennt man das: die Börse ist fest. In diesem Fall kommt - am nächsten Tage - das Publikum gelaufen und engagiert sich, nachdem bereits das Beste wegverdient ist. Ist die Börse schwach, so ist das Publikum allemal dabei. Dieses nennt man Dienst am Kunden. Die Börse erfüllt eine wirtschaftliche Funktion: ohne sie verbreiteten sich neue Witze wesentlich langsamer.
In der Wirtschaft gibt s auch noch kleinere Angestellte und Arbeiter, doch sind solche von der neuen Theorie längst fallen gelassen worden.
Zusammenfassend kann gesagt werden: die Nationalökonomie ist die Metaphysik des Pokerspielers.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben gedient zu haben, und füge noch hinzu, daß sie so gegeben sind wie alle Waren, Verträge, Zahlungen, Wechselunterschriften und sämtliche anderen Handelsverpflichtungen -: also ohne jedes Obligo.

1931 von Kurt Tucholsky unter dem Pseudonym Peter Panter veröffentlicht.
Aus: Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke 1931, Bd. 9

[Thomas_DE37cr]

Zitat von Anneke

KURZER ABRISS DER NATIONALÖKONOMIE

....
Zusammenfassend kann gesagt werden: die Nationalökonomie ist die Metaphysik des Pokerspielers.

Liebe Anneke

ich liebe Deinen schwarzen Humor.. verry verry british... und sollten wir einmal in die EU kommen schlage ich Dich als Ministerratspräsidentin nach Brüssel vor.

beste Grüsse
Thomas

[ramsey]

Zitat von Thomas_DE37cr

Liebe Anneke

ich liebe Deinen schwarzen Humor.. verry verry british... und sollten wir einmal in die EU kommen schlage ich Dich als Ministerratspräsidentin nach Brüssel vor.

beste Grüsse
Thomas

Ich staune immer wieder wie aktuell vieles bleibt, was Tucholsky vor Ewigkeiten geschrieben hat.
Viele gruße
Ramsey