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Kein Boot Hier kann man allgemeinen Small Talk halten. Es muß ja nicht immer um Boote gehen. |
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Themen-Optionen |
#1
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Vergangenheitsbewältigung
Soviel vorweg, ich werde sehr darauf achten dass dieses Thema nicht ausartet und / oder abrutscht und persönlich jeden melden der meint hier politische oder narzistische Äußerungen tätigen.
Andersrum bitte ich die Mods hier sofort zu zumachen wenn obiges passiert. So jetzt zum Thema Aus familiären Quellen ( Onkel ) sind uns Unterlagen zugekommen, die die die Vergangenheit meines Großvaters dokumentiert.( amtl. Schriftstücke ) Mein Großvater war ab 1921 bei der Kripo in HH tätig. Während des Krieges war er ebenfalls dort tätig und hatte eine Mitgliedschaft in der NSDAP ( zahlendes Mitglied, keine Aktivitäten ) 1945 wurde er aus dem Dienst der Kriminalpolizei unehrenhaft entlassen, da er eine Judenfamilie bei sich zu Hause versteckte und ihr danach zur Flucht verhalf. Ca 1950 wurde er rehabilitiert und wieder in den Dienst gestellt. Der Kontakt zu der geretteten und nach Amerika emigrierten Familie bestand bis zu seinem Tod. Meine Mutter, die kleines Kind war als der Krieg war ( heute 75 ), hat 2 Tage geheult als sie die Dokumentation las. Nun zu meiner Frage Gibt es eine Möglichkeit Opi zu rehabilitieren ( verstorben 1978 ) Bitte versteht mich nicht falsch, es geht nicht um Geld, es geht nur um Muttis Seelenfrieden
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Gruß 45meilen In meinem Alter noch vernünftig werden ist jetzt auch keine Alternative
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#2
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Wenn Opi einer Familie zur Flucht verholfen hat und damit alles Übel der damaligen Zeit auf sich genommen hat - wozu muß man ihn rehabilitieren ?
Ich würde sagen, der Mann war ein Held
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* hoffentlich werd` ich nie erwachsen * * Heinz *
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#3
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Zitat:
aber Mutti hat die Zeit wo Opi kein Geld nach Hause brachte, anders in Erinnerung
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Gruß 45meilen In meinem Alter noch vernünftig werden ist jetzt auch keine Alternative
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#4
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Zitat:
GR
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#5
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Zitat:
ER WAR EIN HELD!!! Hut ab...
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Schöne Grüße von der Küste Klaus
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#6
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[QUOTE=45meilen;2766165]
Ca 1950 wurde er rehabilitiert und wieder in den Dienst gestellt. Gibt es eine Möglichkeit Opi zu rehabilitieren ( verstorben 1978 ) /QUOTE] Ich würd dir ja gern helfen Sven, aber irgendwie verstehe ich das Problem nicht - ist doch längst passiert, so wie du schreibst
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#7
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[QUOTE=Ruby;2766194]Die damalige Rehabilitation sah so aus, dass er ( Kriminalkomisar ) als Schutzmann wieder eingestellt wurde
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Gruß 45meilen In meinem Alter noch vernünftig werden ist jetzt auch keine Alternative |
#8
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Schau mal hier http://de.wikipedia.org/wiki/Judenretter unter Rehabilitation.
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#9
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M.W. gab es bei der Entnazifizierung für jedes ehemalige Parteimitglied eine Verhandlung, in der ggf. mit Hilfe eines Rechtsanwalts alle entlastenden Sachverhalte gewürdigt wurden. Die Regeln dabei, und auch die damaligen Einstellungsvoraussetzungen der Polizei für ehemalige Parteimitglieder sind wohl nach 60 Jahren nicht mehr rückwirkend zu ändern.
Ich würde allenfalls versuchen, eine möglichst eindrucksvolle schriftliche Anerkennung der Heldentat zu beschaffen. sea u in denmark
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#10
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[QUOTE=45meilen;2766200]Die charakterlichen, menschlichen und mutigen Taten deines Großvaters sind unendlich viel höher zu bewerten als ein Dienstgrad.
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Gruß, Jörg
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#11
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Eine Frage, wem nutzt das jetzt noch.
Gruß Henrik
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Zeit ist keine Schnellstrasse zwischen Wiege und Grab sondern Platz zum Parken in der Sonne.
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#12
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Gruß 45meilen In meinem Alter noch vernünftig werden ist jetzt auch keine Alternative |
#13
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Zitat:
Es gab nie eine Verhandlung, einzig 3 Briefe meines Großvaters und die Antworten
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Gruß 45meilen In meinem Alter noch vernünftig werden ist jetzt auch keine Alternative |
#14
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Mein Nachbar - vor zwei Jahren im Alter von 82 Jahren gestorben, war sieben Jahre in russischer Gefangenschaft. (eine Wäscherei in Sibirien welche sich - man glaubt es kaum - in einer Höhle befand)
Für diese sieben Jahre wollte er vom deutschen Staat - als Anerkennung - Rente berechnet haben. Dafür hat er jahrelang prozessiert und gestritten. Was hat es gebracht? Nichts. Ausser dass er sich grämte und die Lust am Leben verloren hat. Sag Mutti sie soll sich das nicht antun. Die schwierige Zeit die sie durchmachen musste als Opi nichts zu essen für sie hatte wird dadurch nicht wieder gutgemacht, wenn man sich jahrelang mit irgendeinem Amt über Dinge streitet welche vor nun fast 70 Jahren passiert sind. Ich musste gerade wieder miterleben wie sich jemand aus der Familie zu tode gegrämt hat. Sich jahrelang über etwas zu ärgern und sich ständig hineinzusteigern lässt jemanden Freunde verlieren und verschlimmert sich von Tag zu Tag. Nach drei verschiedenen diagnostizierten Krebsarten hat der Kampf "nur" 6 Wochen gedauert und wir tragen sie am Freitag zu Grabe. Deine Mutter ist 75. Ich würde an Deiner Stelle nicht zulassen dass sie ihren Lebensabend damit verbringt sich zu streiten. Und das wird sie - sollte sie die Sache angehen - mit Sicherheit.
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#15
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Gibt viele solche Fälle, welche wohl nie mehr offen werden.
Auch in unserem Umfeld gab es einige welche nur deswegen zur NSDAP beitraten bzw. in der SS waren um "ihre Ruhe zu haben". Das hieß aber nicht, daß diese Fans der Zeiten waren (einige haben das dort erworbene Wissen genutzt, um entspr. zu helfen, bspw. Kriegsgefangenen die Lage verbessert bzw. nach deren Flucht "freudig" ermittelt bis die vereinbarte Karte mit der Nachricht "bin heil über die Grenze" kam.). Auch mein Opa hatte auf deren abgelegener Mühle/Hof entspr. regelmäßig "Arbeitskräfte" angefordert um deren Lage verbessern zu können (gewöhnlich flüchteten die Leute nach entspr. Absprache und die damals erforderliche Meldung erfolgte nur über zuverlässige Leute verzögert. Alle damals kamen heil in Sicherheit, da unterwegs erfolgte Kontrollen, meist im Bahnhof, ja kein Ergebnis brachten). Klar haben da auch einige die damalige Lage zum eigenen Vorteil genutzt, ausgebeutet und denunziert. Wegen solcher Vögel war Opa auch sehr vorsichtig, auch in Kriegsgefangenenreihen gab es diese. Einer bekam vom Dorfbullen mal gesagt (Anschwärzung nach Schwarzschlachten), "sei froh, daß Du was anständiges zum Frxxn hast"! Also die Hohlköpfe von heute, die diesen Zeiten nachjubeln, .....
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Grüße Karl-Heinz ---------------- "Elektronische Bauteile kennen 3 Zustände: Ein-Aus-Kaputt". (Wau Holland) |
#16
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Das ist alles so lange her und wie viele Menschen haben während des 2. Weltkriegs und in den Jahren danach Schlimmes hinnehmen müssen. Wir haben Ostpreussen in der Familie, die jahrelang in Holzhütten nahe Lüneburg und Ülzen wohnten. Wer will denen die entstandenen Entbehrungen jemals vergüten? Es ist viel für viele getan worden, aber nicht genug, um die Nachteile aufzufangen. Ähnliches passierte nach dem Fall der Mauer. Leute in der ehemaligen DDR mitten im Leben erlebten ihre völlige berufliche Demontage ohne eine Chance, wieder in einen vernünftigen Alltag mit ordentlichem Verdienst hineinzukommen.
Und im Fall des Threadstarters? Der Mann ist gestorben. Da ist alles vorbei. Bis 1978 bestand der Kontakt zu der jüdischen Familie. Entweder wußte man das im engeren Kreis oder es gab Gründe dafür, dass es nicht bekannt war, möglicherweise antisemitische. Damals kamen viele Soldaten heim, von denen auch viele zur Polizei wollten und dafür qualifiziert waren. Dein Großvater hätte als ehemaliger Kommissar nach dem Krieg aus der Nazizeit vermutlich ohnehin seinen Job verloren. Lass das ruhen. Eine Rehabilitation für den Seelenfrieden von deiner Mutter wird keine externe Stelle bewirken oder ihr setzt euch mit einem Museum zum Thema auseinander und bring die Geschichte irgendwie in eine Ausstellung ein. Tom
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Meine Artikel über Fototechnik: photoinfos.com Mein Blog über Boote und Reisen: oxly.de
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#17
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Hallo Sven,
meiner Meinung nach liegt die Würdigung des Handelns Deines Opas in der Freundschaft und Dankbarkeit der geretteten Familie und diese ist auch greifbar. Der "Dank" eines Staates äußert sich zumeist in einem Händeschütteln und etwas Blech welches man sich an die Brust heftet, wenn es nicht in irgendwelchen Schubladen verstaubt. Ich bin ein Teil des Volkes und ich bin stolz auf das was Dein Opa getan hat und wünschte ich könnte das auch von meiner Familie erzählen. Ich bin mir auch sicher das sehr viele hier so denken. Die Anerkennung seiner Taten und die Fehler die damals gemacht wurden, nicht zuletzt weil zwar ein Krieg verloren, aber auch die Köpfe noch nicht frei waren von dem Gedankengut, werden wir heute nicht gerade rücken können. Leider. Gruß Frank |
#18
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Hallo Sven,
"rehabilitieren" wie in diesem Fall kann nur deine Mutter ihn. Professionelle Hilfe ist dabei sicher nicht falsch. Zu akzeptieren was war und vergangenes bewahren ist nicht einfach, wenn vernarbte Wunden aufgerissen wurden. Ich drücke Euch die Daumen, Guido
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#19
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Mal ganz ehrlich, deine Mutter trägt es ihrem Vater nach, dass er,
als sie ca. 8 Jahre alt war, kein Geld mit nach hause brachte?? Frag sie mal, was sie gemacht hätte, wenn sie in eine normale Arbeiter-Familie geboren worden wäre. Dann wäre ihr Vater unter Umständen garnicht zurück gekommen...
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. . Akki irgendwas ist ja immer...
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#20
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Ihr habt da oben die in Deutschland führende geschichtwissenschaftliche Fakultät an der HSU (Details/Kontakt auf Wunsch per pN). Das wäre evtl. ein gangbarer Weg, zudem streng wissenschaftlich ud frei von emotionalen Belastungen.
Grüße Matthias.
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#21
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Zitat:
Ich denke dass es eher die Ungerechtigkeit die ihrem Vater widerfahren ist, die sie nicht ruhen läßt Danke Matthias, gerne hätte ich die Daten via PN
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Gruß 45meilen In meinem Alter noch vernünftig werden ist jetzt auch keine Alternative
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#22
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Zitat:
Er hat seine berufliche Karriere und seine eigene Sicherheit auf`s Spiel gesetzt, um Menschen zu retten. Damals war das nicht opportun aber er ist seinem Gewissen gefolgt. Wenn deine Mutter religiös ist, tröstet es sie vielleicht, dass er seinen Seelenfrieden gefunden hat - das sollte doch die schönste Belohnung sein
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* hoffentlich werd` ich nie erwachsen * * Heinz *
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#23
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1943 wurde mein Großvater verhaftet und erst nachdem die Amerikaner ihn 45 befreit hatten, erfuhr meine Großmutter, daß er überhaupt noch lebt.
Er hat sich um seine Rehabilitation nie gekümmert, er hatte gelernt, daß die Meinung einer Gesellschaft wandelbar ist wie das Aprilwetter. Ich denke, dein Großvater hatte eine ähnliche Einstellung, sonst wüsste seine Tochter resp. die Familie, welch ein langer Weg eine Rehabilitation nach dem II. WK sein konnte, denn dann hätte er sie betrieben. Wenn eine formelle Rehabilitation deinem Großvater nichts wert war, sollte deine Mutter diese Einstellung repektieren, anstatt sie posthum zu verfolgen.
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Gruß vom Bob Tief und süß der Skipper pennt, ist er von seiner Frau getrennt. |
#24
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Zitat:
Ihm wäre sie wirklich etwas wert gewesen . Das geht schon aus dem Briefwechsel den er führte hervor
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Gruß 45meilen In meinem Alter noch vernünftig werden ist jetzt auch keine Alternative |
#25
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Dann lass mich eine Frage stellen:
Gehe ich richtig in der Annahme das nicht nur Mutti sondern auch Du die Rehabilitation vorantreiben will/willst? |
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