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Alt 11.05.2019, 12:30
coffeemuc coffeemuc ist offline
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Zitat:
Zitat von Mercurius Beitrag anzeigen
Das hat mit "Ermessen" herzlich wenig zu tun. Die Röhrchen waren eine relativ ungenaue Messmethode. Sie waren nur ein Indiz für den sogenannten "Anfangsverdacht". Teuer waren sie im Übrigen überhaupt nicht. Jeder Beamte hatte ein ganzes Kästchen mit 10 Röhrchen im Gepäck. Die gab es noch nicht mal einzeln sondern waren Massenware.

Wenn das Röhrchen nicht vollkommen verfärbt war, also eine absolute Fahruntüchtigkeit (damals noch 1,3 Promille und mehr) ausgeschlossen werden konnte, wurde es schwierig. In dem Röhrchen waren Kristalle, die sich zunehmend verfärbten. Da die ziemlich grob waren und die Einfärbung dazu noch fließend war, war eine exakte Wertermittlung unmöglich. Es gab nur eine Hilfslinie, die eine Schätzung zuließ. Man musste also noch auf weitere Indizien, wie z.B. die Stärke des Alkoholgeruchs, das Verhalten des Probanten usw. achten, um Maßnahmen durchführen zu können. Die müssen nämlich dem sogenannten "Übermaßverbot" standhalten, ansonsten die Klagefestigkeit auf dem Spiel steht und/oder für den Beamten die Gefahr der eigenen Strafbarkeit besteht.
  1. Nach Hause fahren durftest Du deswegen allenfalls, wenn das Röhrchen nur eine leichte Verfärbung zeigte und Deine Aussagen eine weiteren Aufbau des potentiellen Blutalkoholwertes ausschlossen.
  2. Den Schlüssel musstest Du ohne weitere polizeiliche Maßnahmen abgeben, wenn sich die Beamten zu einer Präventivnaßnahme nach dem Landespolizeigesetz entschlossen. Dann hatte sich das Röhrchen ebenfalls nur leicht verfärbt, aber es bestand die Möglichkeit eines weiteren Aufbaus des potentiellen Blutalkoholwertes.
  3. Eine Blutprobe erfolgte bei stärkerer Verfärbung des Röhrchens und deutlich erkennbarer Überschreitung der Hilfslinie und/oder sogenannten "Ausfallerscheinungen" wie z.B. ein paralleler grober Verkehrsverstoß, Lallen, Torkeln, übertriebener Fröhlichkeit und ähnlichen ergänzenden Indizien. Sie dient der Ermittlung des gerichtsfesten Blutalkoholwertes. Trotzdem war die Fehlerquote mit dem Röhrchen dabei noch relativ hoch. Da sie dieser Messmethode aber immanent war, konnte dem Beamten daraus kein Nachteil mehr erwachsen.

Polizeiliches Handeln ist sehr viel komplexer als man allgemein glaubt. Polizeibeamte müssen dazu ihre Maßnahmen jederzeit in vollem Umfang rechtfertigen können und sind selbst ständiger Strafbarkeit ausgesetzt, wenn sie das nicht können, da sie ja permanent in die Grundrechte der Bürger eingreifen.
Dazu kommt die Haftung im Falle von Fehlentscheidungen. Denn nicht nur die Behörde haftet sondern bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz auch der Beamte selbst. Sich Papierkram ersparen zu wollen und aus Faulheit Maßnahmen zu unterlassen, kann ein folgenreicher Spaß werden. Warum soll ein Beamter das also für einen ihm vollkommen fremden Bürger tun?

Zum Abschluss noch ein Wort zum Ermessen. Es ist bei Ordnungswidrigkeiten grundsätzlich möglich, muss aber sachlich begründbar sein. Dazu geht es im Verkehrsbereich bei Bußgeldtatbeständen durch den bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog so ziemlich gegen Null. Im Verwarnungsbereich wird dagegen bei Fahrlässigkeit noch ziemlich häufig Gebrauch davon gemacht. Hier spielt es eine ganz entscheidende Rolle, ob z.B. weitere Konsequenzen zu erwarten sind (z.B. hoher Eigenschaden bei einem Unfall) oder das Verhalten des Bürgers, sprich die Einsicht für das Fehlverhalten. Jedoch wird dann nur auf das Verwarngeld verzichtet und mündlich verwarnt. Man ist also trotzdem und in diesem Falle sogar rechtskräftig (!) verurteilt, wenn man diese angebotene, mündliche Verwarnung annimmt. Das hat später entscheidende Bedeutung für ergänzende, eventuelle Zivilrechtsverfahren wie z.B. Klagen wegen Schadenersatz.
Danke für die Erläuterung der juristischen Grundlagen.

Für den Bürger bleibt es aber dabei:

Der Polizist hat entschieden, ob jemand überhaupt pusten muss, oder nicht.
Der Polizist hat entschieden, welche Maßnahmen vorgenommen werden, und es wurde sehr häufig zu Gunsten des Autofahrers entschieden.

Die getroffenen Entscheidungen hatten weitreichende Auswirkungen auf den Autofahrer.

Wir haben nun gelernt, dass es nicht "Ermessen" heißt, sondern einen anderen Namen hat, aber welchen?

PS: Damit ich nicht falsch verstanden werde: Es wäre durchaus in meinem Interesse gewesen, wenn weniger Besoffene herumfahren. Es wurden auch immer wieder Unbeteiligte von betrunkenen Autofahrern getötet oder verletzt.
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Gruß Richard
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Den Unterschied zwischen "lernen" und "verstehen" kann man nicht lernen, den muss man verstehen
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Alt 11.05.2019, 12:33
coffeemuc coffeemuc ist offline
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Zitat:
Zitat von Mercurius Beitrag anzeigen
Was hier zum Teil mit treuherzigem Augenaufschlag an angeblichem Erfahrungswissen verkauft wird, ist kaum noch zum Aushalten.
Das geht mir auch oft so, wenn über Themen diskutiert wird, die meinen Beruf betreffen.
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  #103  
Alt 13.05.2019, 18:08
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Zitat:
Zitat von Mercurius Beitrag anzeigen
......
Jedoch wird dann nur auf das Verwarngeld verzichtet und mündlich verwarnt. Man ist also trotzdem und in diesem Falle sogar rechtskräftig (!) verurteilt, wenn man diese angebotene, mündliche Verwarnung annimmt.
.......
Hallo, schön erklärt mit zwei kleinen Fehlern:
Bei der Annahme eines Verwarn- oder Bußgeldes ist man nicht verurteilt, da keine Verhandlung mit abschließendem Urteil stattfand.
Eine mündliche Verwarnung ist schön, aber in keiner Weise ein Abschluss, da der Verwaltungsakt bei einer Ordnungswidrigkeit, erst mit Zahlung des Verwarngeldes abgeschlossen ist. Bei einer mündlichen Verwarnung kann also bis zum Ablauf der Verjährungsfrist noch was kommen.

Gruß Jan
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Alt 19.05.2019, 11:42
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Da hast Du natürlich zu 100 Prozent recht. Das war auch nur eine Erklärung für den Laien und nicht für den Juristen. Mir ging es lediglich um die Folgen für ein eventuell folgendes Zivilrechtsverfahren, wenn es um Schadenersatz geht.

Die Annahme einer mündlichen Verwarnung ist im übertragenen Sinne das "Geständnis" und die Verwarnung selbst das "Urteil".
Dass die Verfolgungsbehörde dann sogar noch einen draufsatteln kann (§56 Abs. 4 OWIG) ist nur noch von peripherer Bedeutung und findet in aller Regel schon deswegen keine Anwendung, weil sie nie Kenntnis von dem polizeilichen Vorgang erhält.
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