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Kein Boot Hier kann man allgemeinen Small Talk halten. Es muß ja nicht immer um Boote gehen.

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  #1  
Alt 29.11.2008, 23:17
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Giligan Giligan ist offline
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Standard Mein Weihnachtsmann

24.12., Heiligabend auf der Autobahn, wieder einmal, todmüde und gefrustet mit Tempo 120, teilweise im Blindflug, fuhr Maddi tief deprimiert durch den Schneeregen.
Schneefall ist schön anzusehen wenn man die Zeit dafür hat, er liebte ansich Schnee, fuhr sehr gern in den Winterurlaub und auch, wenn er sich auf Skiern sicher die Beine brechen würde, währe er lieber dort als hier.

Denn hier, auf der Autobahn, ist er einfach nur furchtbar, leider muss er da durch, vier Stunden ist er bereits auf dem Asphaltband von zwielichtiger Griffigkeit unterwegs. Seine Frau erwartet ihn zum Heiligen Abend unbedingt daheim, sie wird wie immer einen grässlichen Tannenbaum in die Wohnung geholt und mit glänzenden Kugeln, Lametta und allerlei anderem Gedöns geschmückt haben. Unter dem ausgegrabenem Nadelgehölz liegen, wie jedes Jahr, diverse inhaltslose Pakete, einfach nur weil sie da hingehören und schön aussehen, wie sie immer mit glänzenden Augen verkündet. Schenken tun sie sich schon lang nichts mehr, das hat er als albern und überflüssig vor vielen Jahren abgeschafft! Nach dem Essen, es gibt sicher wieder eine Fischplatte und Salate, wird sie fragen, ob er nicht mit in die Weihnachtsmesse möchte und wie jedes Jahr wird er ablehnen, sich müde auf sein Sofa legen, dort den, wie immer, hochkommenden Fisch ein zweites Mal genießen und von einem schönen Rollbraten träumen …..im TV kommt sicher wieder, „Die Geister die ich rief“ oder diese alberne Geschichte von dem Weihnachtsmann in Amerika, der dort wie selbstverständlich in einem Kaufhaus Kindern Unsinn erzählt…..
Das alles ärgert ihn, dazu kommen noch die Fahrzeugführer die ihn überholen und knapp vor seinem Fahrzeug einscheren, so das er für Sekunden ohne die geringste Sicht unterwegs ist, die Raser, welche da ohne Bedenken mit 160km/h und mehr in die undurchsichtige Dunkelheit rasen und ihm, so wie allen anderen Zeitgenossen auf dieser Bahn, jeden Augenblick zum Verhängnis werden können, die Blender die mit schlecht eingestellten Scheinwerfern hinter ihm her fahren, der Radiosender mit seinem Weihnachtsgedudel geht ihm ebenfalls gewaltig auf die Nerven.

Weihnachtsmann, wer hat sich diesen Unsinn bloß erdacht, alles nur Geldmacherei, weiter nichts. Wenn er diese Typen in ihren roten Mänteln mit den Rauschebärten nur sah, möchte er ihnen in den Hintern treten!

So zieht er seine Bahn, gegen die Müdigkeit kämpfend, auf seinem Sitz ständig hin und her rutschend um den schmerzenden Rücken ein klein wenig zu entlasten, als er, wieder einmal hatte er die Augen nur ganz kurz fest geschlossen um sie dann weit auf zu reißen, er bemerkt nicht, das die Augen immer einen Augenblick länger geschlossen bleiben, ganz kurz vor dem Einnicken ist er, als er in einem Augenblick nachlassenden Schneetreibens, nicht weit vor sich, ein gelbes Licht durch die Nacht blinzeln sieht. Darauf konzentriert, formt sich die Erkenntnis, das es sich um die Warnblinkanlage eines Fahrzeuges handeln muss.

Nein, er ist kein Typ der in dunkler Nacht auf der Autobahn anhält um irgend jemandem zu helfen, heute jedoch, sich etwas Entspannung und Ablenkung in seiner eigenen Situation erhoffend, setzt er den Blinker und biegt auf den, mit braunem Schneematsch bedeckten Standstreifen der Autobahn ein, so kommt mit rumpelndem ABS, etwa 100m vor dem Havaristen zu stehen. Im Vorbeifahren meinte er aus den Augenwinkeln heraus einen alten, russischen Wolga mit Autotransportanhänger zu erkennen, „der kann sich zur Not selbst abtransportieren“ denke er so bei sich und ein leichtes Grinsen überzieht sein müdes Gesicht. Die alten russischen Filme in denen der KGB immer diese bedrohlich wirkenden Autos fuhr, gehen ihm dabei durch den Sinn.
Gegen den nassen Wintersturm drückt er, mit leichter Beklemmung, die Fahrertür auf, geht aber erst rasch nach vorn und befreite seine Windschutzscheibe mit zwei schnellen Handbewegungen von den festen Schneemassen, die den Weg der Scheibenwischer zunehmend blockierten. Dann erst machte er sich auf den Weg nach hinten um den Grund der Panne und eine mögliche Hilfeleistung zu erfragen. Er machte durch den Schneeregen undeutlich eine anscheinend überaus stattliche Gestalt aus, die ihm entgegen stapft,…. erstmals kamen ihm Bedenken ob seiner spontanen Tat! Ein Ausländer, hier am Rande der dunklen Autobahn, was, wenn das eine Falle für einen gutmütigen Menschen wie ihn ist, würde er womöglich niedergestreckt und ausgeraubt?!

Dies alles ging ihm blitzschnell durch den Kopf und der Gedanke an eine zügige Flucht ergriff Besitz von ihm, schneller als erwartet jedoch stand die massige Gestalt vor ihm und sprach ihn sogleich mit fester, tief und wohl klingender, den Sturm und die Fahrgeräusche der vorbei rasenden Autos mühelos übertönender Stimme, mit einem „Guten Abend, Herr“, an.
„Danke für anhalten, ist mir Benzin ausgegangen“ ließ sich der Riese, sicherlich zwei Meter groß und so breit wie ein Bär, vernehmen. Die merkwürdige Kleidung, eine roteR, mit Pelzkragen besetzteR Mantel verwunderte ihn ein wenig, doch schnell antwortete er, leicht eingeschüchtert, das sich 5 Liter Diesel in seinem Reservekanister befänden. „Das prima, dann ich komme bis Tankstelle!“ Sogleich machte sich der Wolga Bär, wie Maddi ihn spontan tauft, auf dem Weg nach vorn zu seinem Auto. Maddi trottet mit ungutem Gefühl hinterher, seinen Kanister und die 5 Liter guten Diesels schon abschreibend. Am Wagen angekommen öffnete er den Kofferraum und übergab den Plastikbehälter der gewaltigen Pranke des Wolga Bären, dieser ergreift ihn wie ein Spielzeug und wendet sich mit einem, „Viel Dank“ um, um dann schweren Schrittes zu seinem Fahrzeug zu eilen.
Maddi öffnete die Tür seines Wagens und schwang sich hinein, draußen ist es nass und der Kerl wird den Kanister ja wohl zurück bringen, so schließt er für einen Augenblick die schweren Augenlieder…..

Sanft rumpelt der Wagen über den schlechten Straßenbelag, die dicken Reifen und die weiche Federung steckt das besser weg als moderne Autos, wieder einmal beglückwünscht er sich, dem alten Schlitten den Vorzug vor den Errungenschaften des Fortschritts gegeben zu haben. 8 Jahre vergnügt er sich bisher mit dem Wagen, hat schon viele Teile in der Hand gehabt und etliche Dinge ausgetauscht, so blieb der Karren immer gut in Schuss und kein Wartungsstau schuf Verdruss.

Manchmal aber wollte er den Wagen los werden und sich einem anderen, möglichst kleinerem, älteren Fahrzeug zuwenden, doch dann blieb er wieder an dem alten Boliden hängen. So in Gedanken versunken genoss er die Fahrt, bog bei Arnheim nach Nordwesten ab und freute sich über den nun völlig glatten Fahrbahnbelag, nur das Rauschen der Reifen und das sanfte Raunen des Triebwerks war zu hören. Sein Ziel, ein Oldtimertreffen zwischen der Waddenzee und dem Ijsselmeer rückte langsam näher, doch der Weg war sein Ziel und dieses Treffen nur das I-Tüpfelchen der Reise.
Bei Harderwijk unterquerte er die Randmeere welche die ehemalige Küstenlinie der Zuiderzee, einer ehemaligen, riesigen Bucht der Nordsee bildete. Alle Dörfer und Städte hier waren einst Küstendörfer die überwiegend vom Fischfang und der See lebten. Als er wieder ans Tageslicht glitt genoss er den Anblick des Wassers und der weißen Boote die sich auf ihm tummelten, nun noch über die alte Brücken, dann an einem Yachthafen vorbei nahm ihn das neue Land auf. Denn mit Eindeichung der Zuiderzee wurde große Teile trocken gelegt und seitdem mit ständig laufenden Pumpen trocken gehalten, ja, hier bewegt er sich, ein erstaunliches Gefühl, auf dem ehemaligem Meeresgrund der Zuiderzee, ca. 5m unter der Wasserspiegel!

Ca. 35 Kilometer weiter passiert er Lelystad, ein Ort der seinerzeit völlig neu auf dem Reißbrett entstand, schön ist freilich etwas anderes, doch schon einige Minuten später fliegen seine Gedanken wieder hinaus auf die See, denn jetzt geht es mitten rein ins Wasser! Nun erwarten ihn 30 Kilometer auf dem Anschlussdeich, dem Damm, der das Ijsselmeer vom Markermeer trennt und im Cabrio ein eindrucksvolles Erlebnis bietet….Vorbei an Tulpenfeldern und auch an geschäftig wirkenden Industrielandschaften, geht die Fahrt über schmale Landstraßen bis hinauf zum Abschlussdamm, die letzten Kilometer führen über die ehemalige Insel Werringen, die ehemals in der Zuiderzee gelegen, heute nahtlos ins Festland übergeht.
So erreicht er den Abschlussdeich und genießt den ersten Teil einer 30 Kilometer langen Fahrt mitten durch die ehemalige Nordsee. Er stellt sich vor, wie hier einst die Wellen in die Bucht tobten, sieht im Geiste die vielen Fischerboote dagegen ankämpfen um schließlich die freie See hinter den vor gelagerten Inseln zu erreichen. Heute jedoch ziehen rechts von ihm hauptsächlich kleinere Segelboote aber auch alte Frachtsegler, umgebaut zu Traditionsschiffen langsam vor sich hin. Die Nordsee hingegen zeigt nur am Horizont etwas Schiffsverkehr, sonst ist dort bis auf die Fahrwassertonnen und die immer präsenten Möwen nichts zu sehen.
Voraus kommt die künstlich angelegte Insel in Sicht, auf der sich ein Aussichtsturm sowie ein kleines Lokal befinden, hier wurde damals der Deich geschlossen, welcher dieZuiderzee 1932 zum Ijsselmeer machte.
Die Fischer zogen ihre Flaggen auf Halbmast, da ihnen ihre bisherige Lebensgrundlage nunmehr entzogen war. Um auf Fang zu gehen, mussten sie weite Wege in kauf nehmen, weil der bisher in der Zuiderzee gefangene Hering, im langsam zum Süßwassersee werdendem Ijsselmeer, nicht überleben konnte.

Das war damals, längst aber hat sich die Natur mit den menschlichen Eingriffen arrangiert und ein Großteil der Bevölkerung lebt vom Wassertourismus. Gezeiten gibt es im Ijsselmeer nicht, so auch keine trocken fallenden Häfen, die den Schiffsverkehr stundenlang lahm legen. So in Gedanken versunken, erreicht er die Ausfahrt zum Parkplatz, sieht die Oldtimerfreunde schon winken, freut sich und rollt die Rampe zum Parkplatz herunter, noch ein leichtes Rumpeln und der Wagen steht, da plötzlich tutet ein kleines Fischerboot in der Schleuse ,……geschafft denkt er und schließt, die frische Seeluft einziehend, für einen Augenblick seine Augen.

Tuuut….tuuuut!
Nanu, wer hupt denn da schon wieder, das Fischerboot? Etwas erschrocken öffnet er die Augen, da sieht er durch ein wildes Schneetreiben hindurch, undeutlich ein merkwürdiges, altes Auto, das einen Autotransporter hinter sich herziehen, klappernd an ihm vorbei rollt, er meinte, einen weißbärtigen, lachenden, älteren Mann am Steuer gesehen zu haben, der freundlich herüber blinzelte…..

Langsam findet er wieder zu sich, aufgeschreckt blick er sich um, ja, da ist er wieder, aufgewacht aus einem Traum, wie grausam, er steht auf der Autobahn bei Wolloberg, hat einem riesigem Menschen seinen Reservekanister überlassen, der sich nun, ihn auslachend, aus dem Staube macht…..so eine Kröte!

Ein Blick auf die Instrumente, der Motor läuft und er stellt die Scheibenwischer an…..tschaktschack…räumen sie die Scheibe frei und er sieht sich, ungläubig und mit wirren Gedanken, vor seinem Haus stehen, nur noch die Einfahrt müsste er hinauf um daheim zu sein, aus dem Küchenfenster winkt ihm seine Frau zu….. Er ist anscheinend nicht bei sich oder träumt noch immer, denn der Tageskilometerzähler steht bei knapp über 300, es müssten aber etwa 600 Kilometer sein, die er bis zu seinem Haus zurückgelegt hat, der Tank ist noch halb voll aber die Uhr verkündet, das es bereits 22.15 ist….Traum oder nicht, er legt den Gang ein, fährt die Einfahrt hoch und stellt dem Motor ab, als plötzlich der Bildschirm seines Navigationsgerätes aufleuchtet…..
“Frohes Fest, geh mit deiner Frau in die Messe!“
So steht es da zu lesen….er fasst sich an den Kopf, was ist hier los? Dreht er langsam durch, ist es die Müdigkeit?
Wie auch immer, das Leben oder der Traum müssen weiter gehen, also legt er den Gang ein, fährt die Einfahrt hoch und steigt aus. Seine Frau öffnet die Haustür und begrüßt ihn freudig aber auch ein klein wenig besorgt, „warum bist du denn mit dem Abschleppwagen gekommen, ist das Auto kaputt?“
„Auf dem Abschlepper?“
„Ja, ein Riesenkerl, sah aus wie der Weihnachtsmann persönlich, hat den Wagen doch vorhin abgeladen.“
„Es gibt keinen Weihnachtsmann…..“ sagt er beiläufig und geht, nachdem er seine Jacke abgelegt und die Schuhe ausgezogen hat, ins Esszimmer.
„Du bist sicher müde, ich hole schnell das Essen“, sagte sie und verschwand in der Küche und kam mit einem wunderschönen Rollbraten zurück, „nicht immer Fisch, heute sollst du deinen Rollbraten haben!“ Er war sprachlos, bemerkte aber, daß er keineswegs müde war und langte dann, noch immer völlig durcheinander, zu. Nach dem essen half er beim Abräumen und als die erwartete Frage nun gar nicht kommen wollte, sagte er zu ihr, „nun zieh dich schon an, damit wir in die Messe kommen.“
In der Messe bei dem Duft von Weihrauch und Kerzen dachte er an den riesenhaften Kerl von der Autobahn, der musste ihn aufgeladen und heim gebracht haben, er aber war so müde, das er die ganze Fahrt verschlafen hatte, womöglich würde er ohne diese Begegnung längst für immer schlafen, eingenickt am Steuer seines Autos, zerschellt an einem Brückenpfeiler….ob es vielleicht doch einen Weihnachtsmann gibt?


Wünsche einen schönen, 1. Advent
Willy
PS. Ich weiß das hier bei uns das Christkind zuständig ist, doch wer hätte weiter gelesen wenn ich geschrieben hätte, das ein Säugling mit einem Wolga um Diesel bat… .(läuft so ein Wolga nicht mit Benzin?)
Montag saß ich bei Glatteis eine Stunde fest, da habe ich ein wenig getippt…......also nicht so ernst nehmen.
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