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Selbstbauer von neuen Booten und solche die es werden wollen. |
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Themen-Optionen |
#1
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Lukendeckel laminieren
Ich brauchte zwei Deckel für die Büge meines Katamarans und habe Formenbau ausprobiert.
Die Schritte sind: 1. eine Positivform bauen 2. davon die Negativform abnehmen 3. in der zwei Lukendeckel laminieren - Vakuumverfahren Die Positivform entstand aus glattem Pressspanholz, Leisten und Spachtel. Damit ich die Negativform von der Positivform runterbekomme, sind die Seiten der Luke um etwa vier Grad nach außen ausgestellt. Die Oberfläche der Form muß perfekt glatt sein; jede Macke wird später 1:1 wieder in der fertigen Luke auftauchen. (Das Bild hier habe ich nachträglich gemacht, da lag der Kern schon einige Tage an der feuchten Luft draußen.)
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#2
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Die Positivform habe ich dreimal gewachst mit Trennwachs. Nach jedem Auftrag muß man das Wachs glänzend polieren, ohne dabei das ganze Wachs wieder runterzuholen – das fand ich nicht so einfach. Das Trennwachs roch wie Bohnerwachs und ist wohl auch fast dasselbe. Zum Schluß habe ich noch Trennlack aufgetragen.
Auf diese Form habe ich zwei Lagen 280gr-Glasfilamentgewebe auflaminiert. Das Entformen nach dem Aushärten ging erstaunlich leicht. Man gibt etwas Wasser in den Spalt zwischen Laminat und Form, wartet etwa 15 Minuten, dann knistert es etwas, knackt, und man kann das Laminat vom Positivkern abziehen. Die Negativform war ziemlich labberich. Ich habe sie nochmal über den Positivkern gelegt und Seiten und Boden versteift, indem ich Leisten und ein Brett drangeklebt habe (mit Spachtel, ginge aber auch mit PU-Kleber).
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#3
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Dann habe ich das Vakuum vorbereitet. Für das Vakuumverfahren habe ich mich entschieden, weil ich wollte, daß die Form genau abgebildet würde.
Das Vakuum erzeugt der Staubsauger, für den ich eine Aufnahme auf einem Sperrholzbrettchen laminiert hatte. Dieses Brettchen steht auf einem mit Rillen versehenem Holzbrettchen, das die Saugluft an die Noppenfolie (Verpackungsmaterial) verteilt. |
#4
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Staubsauger und Plastiksack für das Vakuum bereitgelegt und dann in die Schneiderei.
Ich bin jedesmal von neuem erstaunt, wie lange ich brauche, bis schließlich alle Glasgewebe und Einlagen fürs Laminat zugeschnitten sind. Ich nehme einen Cutter zum Schneiden, geht gut und zügig. Schere ist anstrengender, dauernd ruscht einem das glatte Glasgewebe weg, und die Schere wird schnell stumpf. Der Laminataufbau: 1x Glasfilamentgewebe Körper 163 gr/qm 2x Glasfilamentgewebe Körper 280 gr/qm 1x Glasfilamentgewebe Körper 390 gr/qm 1x Cormate 5 mm 1x Cormatestreifen zum Verstärken der Seiten 2x Glasfilamentgewebe Körper 280 gr/qm 1x Glasfilamentgewebe Körper 163 gr/qm Beim Zuschneiden markierte ich die Mittellinie, damit ich beim Einlegen der Gewebe in die Form etwa weiß, wohin. Ist das Gewebe erst mal mit Harz/Härter benetzt, wird es schnell weich, unhandlich und ist kaum noch kontrolliert zu legen. Zum Schluß habe ich noch ein Sperrholzbrett mit Plastikfolie überzogen; auf dem habe ich die Glasmatten vor dem Einlagen in die Form getränkt - was ein Fehler war, denn (s.o.) ich merkte rasch, wie schwer die Glasgelege zu handhaben waren. Sie zogen sich einfach in jede Richtung, waren labberich und glibberich widerspenstig, und das, wo doch alles schnell gehen sollte, denn das Epoxy hatte eine Offenzeit von einer knappen Stunde.
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#5
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Ich habe vergessen zu schreiben, daß ich natürlich auch die Negativform gereinigt habe nach dem Entformen, also mit warmem Wasser gründlich ausgewaschen, und dann wie vorher den Positivkern gewachst und poliert habe, insgesamt fünf Mal. Ich hatte große Sorge, daß die Luke sich nicht aus der Form lösen könnte. Zum Schluß habe ich wieder den Trennlack über das polierte Trennwachs gestrichen. Man braucht ganz wenig und trägt den Lack dünn mit einem weichen Pinsel auf.
Ja, dann lagen die Glasmatten und Cormate harzgetränkt in der Form. Fast eineinhalb Stunden waren rum, ehe ich das Vakuum ansetzen konnte. War einerseits Mist, weil das Harz/Härter-Gemisch schon zu reagieren begonnen hatte, andererseits nicht ganz so schlimm, weil es ziemlich kühl war, 12 Grad, und die Reaktion nurt langsam in Gang kam. Also Noppenfolie und Plastiksack über das Ganze und den Staubsauger angestellt. Den Sack brauchte ich nicht zuzubinden, der sog sich von alleine zu und fest. Damit der Staubsaugermotor etwas gekühlt wird, habe ich etwas Nebenluft einströmen lassen.
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#6
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Tags darauf habe ich zu Hause entformt.
Dazu habe ich vorsichtig Zahnstocher zwischen Negativform und Luke getrieben und in diesen kleinen Spalt über eine Messerspitze Wasser in die Form gegeben. Das waren insgesamt vielleicht 2, 3 Teelöffel. Aber es hat gereicht: Nach zwanzig Minuten kam die Form frei und ich konnte die Luke rausholen. Wieder dieser wunderbare Bohnerwachsduft, der mich an meine Kindheit erinnert. Auf der Luke sind alle Unvollkommenheiten der Form getreu abgebildet. Ich habe ein Bild gegen das Licht gemacht, um das sichtbar zu machen. Sieht krasser aus, als es in Wirklichkeit ist - zumal ich die Luke nachspachteln werde und streichen; Epoxy ist ja uv-empfindlich. |
#7
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Etwas anderes war blöder:
Ich hatte einen etwas vereinfachten Vakuumaufbau gewählt und die Noppenfolie direkt auf das Glas-Harz-Laminat gelegt. Und obgleich ich mit dem Scheibenroller dieses Laminat recht harzarm angesetzt hatte, kam durch das Vakuum immer noch genug Harz am Saugstutzen zusammen und bildete eine Beule, die mir nicht gefällt. Und die Noppenstruktur hat sich auf dem Lukendeckel innen ebenfalls abgeformt. Das ist alles nicht so schlimm. Es ist ja die Innenseite des Lukendeckels, und da guck ich nicht ständig drauf. Allerdings muß ich eine glatte Auflage für das Dichtungsband spachteln, sonst mogelt sich das Wasser unter dem Moosgummiband an den Noppenlöchern in die Luke rein, und das wäre ja blöd.
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#8
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Bitte weiter mit Bildern hier einbringen. Sehr interessant zu lesen / sehen.
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Gruß 45meilen In meinem Alter noch vernünftig werden ist jetzt auch keine Alternative |
#9
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Man lernt dazu.
Für die zweite Luke habe ich also den kompletten, korrekten Vakuumaufbau befolgt, der da ist: Auf das noch nicht angezogene Laminat ... - ja, ich habe langsameren Härter gewählt und gleich die komplette Menge Harz-Härter-Gemisch angesetzt, nämlich etwa eineinhalb Liter, so hatte ich keine Pausen zwischendrin - ich habe die Form zuerst satt mit dem Harzgemisch eingestrichen und die Glasgewebe trocken eingelegt, das ging viel schneller und sauberer; dann Harz drauf, das Gewebe getränkt, die nächste Lage drauf, usf. - ich habe keine Zeit mit dem genauen Drapieren der ersten sehr dünnen Gewebelage verschwendet, sondern die anderen zügig draufgelegt und erst nach dem ersten schweren Gewebe alles sorgfältig in die Eckenrundungen gedrückt; da hat sich dann nichts mehr aufgefaltet und alles blieb da liegen, wo es liegen sollte - nach dem Coremate, das ich saftig eingetränkt hatte, kamen die restlichen Gewebe schnell drauf und dann das Vakuum drüber auf das noch nicht angezogene Laminat: 1. Abreißgewebe 2. rosa Lochfolie 3. Vlies 4. Noppenfolie 5. Vakuumsack Das Abreißgewebe bescherte mir eine wunderbar gleichmäßige Oberfläche. Durch das Abreißgewebe floss das überschüssige Harz zur rosa Lochfolie, die zwar Abreißgewebe und Saugvlies voneinander trennt, aber durch ihre kleinen Löcher das Harz zum Vlies passieren läßt. Das saugt das überschüssige Harz auf, das vom Vakuum angezogen wurde. Das Ergebnis: Eine saubere und schön gleichmäßige Lukeninnenseite und eine völlig glatte Oberfläche an der Außenseite, da es keine kleinen Lufteinschlüsse gab. Schade nur, weitere Lukendeckel muß ich nicht mehr laminieren, jetzt, wo ich weiß, wie's geht. PS: Die Bilder habe ich aufgenommen beim Auspacken des fertigen Laminats. Man sieht also das Harz im Saugvlies usw. |
#10
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moin.
Hat Dein Staubsauger das alles so mitgemacht? Wie hoch war der Druck (Unterdruck)? mfG Götz |
#11
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Zitat:
Den Unterdruck kann ich leider nicht messen. Aber selbst mit der Nebenluft ist er so stark, daß er den Vakuumsack in jede Ecke zieht. Gruß, Gerd
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#12
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Hallo Gerd.
Schöner Bericht. Was macht eigentlich Dein Kat? Wie weit bist Du? Ich war vergangene Woche bei Jürgen Peter in Kiel und werde (wenn wir uns preislich einigen können ) einen 1200er Kasko-Kit bei Ihm kaufen und dann auch bald loslegen. Da ich auch fast 20 Jahre in der Nähe von Frankfurt gelebt habe (Dietzenbach), und michs dann über München nach Österreich verschlagen hat bin ich noch öfters in Deiner Nähe und würd gern mal aufn Plausch vorbeikommen. Hab auch von Peter noch eine Tel# bekommen - auch nen Format-Bauer/Owner - in Deiner Nähe (06103). L.G. Axel |
#13
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Hallo Axel,
das finde ich ja spannend, wenn du einen Kat aus der neuesten Konstruktion von Jürgen Peter ausbaust. Ich zeige Dir gerne meinen und schicke Dir meine Telefonnummer per PN. Mein Kat geht laaaaaangsam der Fertigstellung entgegen. Ich will und muß nächstes Jahr vom Bauplatz runter, und bis dahin soll das Teil so weit sein, daß es wieder gut schwimmen und dann auch segeln kann. Muß Irgendwann mal meinen Stand im Kolibri-thread aktualisieren. Gruß, Gerd |
#15
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Worin liegt denn der Vorteil mit dem Vakuum gegenüber dem ganz normalen Handauflege-Verfahren? Gelcoat wurde nicht verwendet-warum?
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Ciao Barracuda Der, der keine Zeit mehr hat |
#16
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Zitat:
Gruß Torben |
#17
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Interessanter Beitrag
Mich wundert nur, dass Dir der Staubsauger bei den ganzen Löselmitteln (Styrol,...) nicht um die Ohren geflogen ist Der Motor war wohl kaum ex geschützt
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Gruß Ingo |
#18
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Zitat:
Allerdings denke ich auch, daß die Konzentration von Lösungsmitteln nicht so hoch ist, daß das passieren würde. Das Bauteil ist recht klein, und zudem läuft der Motor noch mit Nebenluft, die die Absaugluft ja noch weiter "verdünnt". Was sonst an Lösungsmitteln herumschwirrt, verfliegt an der frischen Luft sofort. Wenn ich im Keller laminiere, dann stelle ich die Entlüftung an - eine sehr wirkungsvolle Dunstabzugshaube aus der Küche mit Entlüftungsrohr nach außen arbeitet dann. Und: Das Epoxy, das ich für die Lukendeckel genommen habe, ist lösungsmittelfrei. Gruß Gerd
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#19
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Zitat:
Daß man ein sehr festes und zugleich harzarmes, also leichtes Bauteil bekommt, war eine willkommene Nebenwirkung, die allerdings nur eintritt, wenn man Vlies verwendet, wo sich das überschüssige Harz sammeln kann. Zum Vergleich: Der erste Lukendeckel, den ich ohne Vlies laminiert habe, der also alles Harz enthält, daß ich während des Laminierens eingearbeitet habe, wiegt etwa 25 %, nämlich 500 g mehr als der zweite, bei dem ich Saugvlies verwandt habe - dieser Deckel wiegt knapp 2000 g. Gruß, Gerd |
#20
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Epoxy nimmt im Gegensatz zu Polyester keine Feuchtigkeit auf. Gelcoat als Sperrschicht war also nicht notwendig. Allerdings: Da Epoxy UV-Strahlen nicht leiden kann, wird der Deckel noch gestrichen und dabei auch gleich gesandet werden, damit er rutschfest wird.
Gruß, Gerd |
#21
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Wegen dieser runden Ecken habe ich laminiert. Man kann gut sehen, wie gut sie durch das Vakuum geworden sind.
Gruß, Gerd |
#22
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Ich dachte erst, die Lochfolie könnte ich mir selbst herstellen. Dann fiel mir aber ein Betrieb ein, wo ich sie bekommen konnte; ich wollte nicht bestellen und warten müssen. Wenn ich die Folie sebser gemacht hätte, dann säße ich noch heute mit dem Kartoffelpiekser und stäche auf eine Plastikfolie ein.
Die rosa Lochfolie ist ganz dünn und trennt Abreißgewebe und Saugvlies voneinander; man würde die sonst nicht vom Werkstück los kriegen. Die Löcher sind klein und fein verteilt; ich habe zum Vergleich einen Teelöffel auf die Folie gelegt. Das Abreißgewebe ist ein kräftiger Stoff, locker genug gewebt, daß das Harz durchfließen kann. Das Vlies fühlt sich etwas rau an und bindet das überschüssige Harz. Die Bilder geben vielleicht eine erste Vorstellung von den Materialien. Gruß, Gerd |
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