Das Powerboat- Rennen in Travemünde wurde durch einen tödlichen Unfall überschattet. Die Teams entscheiden heute, ob am Nachmittag das zweite Rennen gestartet wird.
Die Fahnen im Ostseebad Travemünde hängen auf Halbmast. Ein tragischer Unfall überschattete das Auftaktrennen zum Powerboat P1 German Grand Prix. Drei Minuten nach dem Start des ersten WM-Rennens kollidierten dabei zwei Rennboten. Dabei wurden die Italiener Sergio Carpentieri und Luca Nicolini aus ihrem Boot, der "Carpenter" geschleudert. Beide wurden geborgen und in das Lübecker Uniklinikum gebracht. Teameigner und Throttleman Carpentieri erlag seinen Verletzungen.
Schock, Trauer, Verzweiflung und Rätselraten an Land. Gut 30 000 Zuschauer auf der Nordermole, gut 50 Boote am Rennkurs und am Strand fragten sich: Was war passiert?
Nach der Freigabe durch die Rennleitung sind um 15.15 Uhr 19 Powerboats - zehn der größeren Prototypen der Evolution-Klasse und neun der kleineren seriennahen SuperSport-Kategorie - auf breiter Front in Richtung offene See gezogen. Es war der fliegende Start in die Einführungsrunde. Als die rote "OSG Donzi" als erstes Boot vorm Strand wieder auftauchte, wurde auf dem Juryboot die rote Flagge gewunken. Abbruch? Helmut Petter, Manager des deutschen Nau-Racing-Teams, hörte auf der Nordermole über Funk die Erklärung: "Two persons in water, stop race!" Zwei Personen im Wasser, das Rennen ist gestoppt. Es soll sich um die Nr. 3, die italienische Carpenter handeln.
Die Powerboats stoppten nach und nach, die ersten kehren zurück, als sich um 15.30 Uhr das Rescue- Schlauchboot der Hafeneinfahrt näherte. Von der Nordermole aus waren Reaniemierungsversuche im Boot zu beobachten. Wenig später wurde das Boot, die "Carpenter", in den Hafen gesteuert, gefolgt von der "Fainplast" (Italien).
Um 15.54 Uhr dann das nächste Kommando über Funk: Keine Sicherheit auf dem Wasser, Abbruch! "Wir hatten keine Rescue-Leute und Sicherungsboote mehr, sie waren alle im Einsatz", erklärt der Lübecker Peer-Axel Rahn, der vom Maritim-Hotel aus für die Sicherung auf dem Wasser mit verantwortlich war. Die Powerboats kehrten in die "wet pits", die nassen Boxengassen, gegenüber der "Passat" zurück.
Hier herrschte vor allem Ratlosigkeit. Mark Niemann, Startbootfahrer und Organisator des German Grand Prix, klärte auf: "Throttleman und Fahrer der Carpenter sind drei Minuten nach dem Start nach einer Kollission mit der Fainplast aus dem Boot geschleudert worden. Das Rettungsteam war innerhalb von 30 Sekunden zur Stelle." Einer sei bewusstlos geborgen und ins Krankenhaus transportiert worden.
Im Kranungsbereich lagen derweil beide Boote auf ihren Sattelschleppern. Die Polizei sicherte fotografisch erste Beweise. Ein österreichischer Techniker erklärte: "Bei der Carpenter ist das Ruder verbogen, sie zeigt Spuren der Fainplast-Farbe am Rumpf. Sie muss über die Fainplast, der ein Propeller-Blatt fehlt, hinten rüber gefahren sein." Fabian Kalsow, Throttleman im Naue-Racing-Boot, bestätigte dies: "Ich habe vor uns nur ein Boot fliegen sehen und sofort Race-Control gerufen."
Der Neustädter befürchtet, dass es jetzt Diskussionen geben werde. Darüber, dass zwei verschieden Klassen gemeinsam starten. Darüber, dass die schnelle Evolution mit geschlossenem Cockpit und Gurtpflicht und die langsamere SuperSport, in der auch er mit offenem Cockpit und ohne Anschnallpflicht unterwegs ist. Er selbst hat sich im Vorjahr bei einem InshoreRennen in Abu Dhabi überschlagen. "Doch in der Formel 1 bist du angeschnallt, gibt es eine Sicherheitskanzel. Bis auf eine Rippenprellung ist mir nichts passiert."
Um 18.30 Uhr informierte dann Jochen Haase, Sprecher der Wasserschutzpolizei Lübeck-Travemünde, dass das Powerboat Nr.3 auf das Boot Nr. 64 von achtern aufgefahren sei. "Beide Bootsinsassen wurden dabei außenbords geschleudert und verletzt. Rettungskräfte des Veranstalters bargen und erstversorgten den Leicht - und Schwerverletzten in einer schnellen Schlauchbooteinheit auf dem Weg zum Anleger der Travemünder Norderfähre. Dort warteten bereits Notarzt und Rettungskräfte und verbrachten den verletzten Bootsführer in ein Lübecker Krankenhaus, wo er später seinen schweren Verletzungen erlag."
Im Offshore-Bereich ist es der erste tödliche Rennunfall seit dem 3. Oktober 1990, als Stefano Casiraghi, der Mann von Caroline von Monaco, bei einem Speedbootrennen vor Monaco ums Leben kam. Danach wurden vor allem in der Class 1 die Sicherheitsvorkehrungen verschärft, das Sicherheitscockpit eingeführt. In Erinnerung sind noch die Unfälle vor Travemünde, als sich 2001 zwei Class-1-Boote mehrfach überschlagen und die Piloten die Unfälle unverletzt überstanden hatten.
Von Jens Kürbis , LN
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