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Alt 12.01.2005, 22:47
Ixy
Gast
 
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Standard Ein mißglückter Rügen-Rund-Törn oder Materialtest machen

Ein mißglückter Rügen-Rund-Törn oder wie macht man einen Materialtest

Wir, daß heißt ein Studienkollege (Roman) und frischgebackener Besitzer einer Ixylon, sowie meine Wenigkeit, wollten ursprünglich im Sommer 2001 mit 2 Ixy’s einen einwöchigen Törn rund Rügen machen.
Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Es fing damit an, das wir plötzlich zu zweit mit zwei Booten dastanden. Unsere geplanten Vorschoter konnten nicht. So kam der Entschluß mit nur einem Boot zu fahren. Dies sollte meins sein. Roman kam das sehr gelegen, da er sein Boot die erste Saison hatte und noch nicht die Erfahrung mit diesem Boot hatte, wie ich, der nun schon seit 11 Jahren Ixy segelt. Es ist wie Calvin M. Woodwards sagte: „Die Dinge, die wir wissen, sind nicht die Dinge, die wir gehört oder gelesen haben, vielmehr sind es die Dinge, die wir gelebt, erfahren, empfunden haben.“.
Das Problem mit unseren Vorschotern war also gelöst, aber nun kam ein Neues. Die Zeit. Unser geplanter Wochentörn mußten wir auf ein verlängertes Wochenende zusammenkürzen. Doch dieses sollte es in sich haben. Nur ahnten wir noch nichts davon.
Das Boot war ausgerüstet. Alle Sachen waren verstaut. Der Wetterbericht war auch gut, Wind und Sonne sollte es geben. Kurz es konnte losgehen.
Doch wie ist es meist mit diesen Vorhersagen, sie war schlichtweg falsch. Es ging von Sellin los bei strahlendem Sonnenschein und leichten Winden. Tolles T-Shirt segeln. Bis wir im Greifswalder Bodden waren. Der Wind ließ immer weiter nach und von Westen kam eine Dunkle Front. Vor Regen hatten wir keine Bedenken, schon aber vor Gewitter und den meist damit verbunden Böen. Um einen sicheren Liegeplatz anzusteuern, war es zu spät. Bei dem Gedümpel hätten wir das nie geschafft und dicht unter Land bei vielleicht starken Böen – das wollte ich nicht riskieren. Vor allem waren alle nahen Ufer mit gefährlichen Klamotten gespickt. Nein, das wollten wir nicht riskieren. So hieß es nun, Ölzeug an und auf die Dinge warten die nun kommen mögen. Sicherheitshalber refften wir das Groß und die Genua wäre ja schnell eingerollt.
Gesagt getan. Die Front kam immer näher. Sie brachte aber wider erwarten kaum Regen. Nur warme Luft und eine leichte vorübergehende Windstärkenerhöhung. Der Regen ließ nach und der Wind war wieder weg. Uns wurde klar, das wir bei diesen Bedingungen nicht bis zu unserem geplanten Ziel, der Strand in Göhren, kommen würden. Also wo hin bei dem Wind? Neues Ziel: Strand Thießow. Langsam kam wieder etwas mehr Wind und so segelten wir platt vorm Laken und wieder ausgerefftem Groß gemütlich unserem Nachtlager entgegen. Plötzlich fragte Roman: „Was ist das da eigentlich?“ und zeigte auf ein Stückchen Tape, welches vorne in Höhe der Wanten auf dem Cockpitboden lag. Ich guckte und meinte: „Das ist vom Abkleben der Sicherungssplinte. Kann passieren, das es abgeht. Nicht so wild.“ Dabei ließ ich meinen Blick suchend über die möglichen Stellen wandern, wo das Tape herkommen könnte. Dann sah ich die Stelle und bekam fast einen Schock. Nicht nur das Tape war weg. Sondern was fiel schlimmer war, es war auch KEIN Splint mehr da. Die Genuaschot hatte sich wohl an dem Splint verhakt und diesen aufgebogen und rausgezogen. Da die Wante auf diesem Kurs und dem Geigen immer wieder leicht lose kam, war schnelle Abhilfe gefragt. Die Ersatzteile waren im Heck verstaut. Da lagen sie gut um einen neuen Ringsplint herauszusuchen. Also schnell nen Splint vom Traveller genommen und den Traveller mit nem Bändsel gesichert. Als das alles wieder in Ordnung war, sahen wir das übel vom Festland kommen. Eine mächtige Gewitterfront. Die Blitze waren schon zu sehen.
Nun war guter Rat teuer. Was tun. Wir befanden uns nun schon in Höhe der Surfschule zwischen Klein Zicker und Thießow. Zurück in den Zicker See? Schlechte Landungsmöglichkeiten und die enge Einfahrt in den See bei starkem Wind, sprachen gegen diese Möglichkeit und wir verwarfen diese. Ich wollte eigentlich weiter und noch um die „Ecke“ um dann gleich unseren Übernachtungsplatz erreicht zu haben. Roman schaute nur und schüttelte den Kopf. Da er den Strand zwischen Klein Zicker und Thießow besser als ich kannte wollte er einfach auf den Strand fahren. Ich mag das eigentlich nicht. Vor allem nicht, wenn der Strand wie hier recht steil ansteigt und schmal ist und ich die Örtlichkeiten, sprich die Unterwasserverhältnisse, nicht genau kenne. Schwierig, bei auffrischendem Wind und zunehmender Welle. Aber für lange Überlegungen blieben nun keine Zeit mehr. Wir sahen unser Unheil in Form von Gewitter mit viel Wind aus Richtung Greifswald kommen. Wir hatten ja fast Flaute, aber von Steuerbord kam Wind der auf jeder Welle schon die Gischt wegfliegen ließ.
Nun gab es nur ein Chance. Genua weg, Ruder rum und auf den Strand zu. Um das Groß zu reffen blieb keine Zeit mehr. Auch anluven war hier draußen riskant. Legerwall und zu viel Wind zum Freisegeln. Der Alptraum eines jeden Seglers! Zum Glück sind an diesem Strand keine Steine und man kann weit an den Strand segeln ohne das Ruder auf zu holen. Das kannte Roman zum Glück Aber der Weg dahin war noch ne halbe Meile lang. Der Wind kam und wir mit achterlichem Wind in rasanter Gleitfahrt auf den Strand zu. Roman klarierte das Fall um das Segel schnell bergen zu können und ich konzentrierte mich voll aufs Steuern und hatte zum ersten Mal richtig Angst um den Mast. Meine Salinge waren neu, die alten zeigten Risse an den Schweißstellen und hatte ich zum Glück gewechselt. Genau wie die Rollen der Fallführung. Da hatte ich keine Bedenken, da aber der Mast noch der Alte ist, wußte ich nicht wie schwach der ist. Aber dieser kurze Ritt, war der ultimative Materialtest. Die Mastbiegung war enorm, aber nicht so wie man will mit der Masttopp nach achtern, sondern nach vorne. Und das aber richtig. Die eingerollte Genua und das Vorstag baumelten lose circa einen halben Meter zu jeder Seite hin und her. Ich hoffte nur und bat, laß den Mast halten. Trotzdem hatte ich innerlich schon einen neuen Mast bestellt, weil ich diesen gebrochen unten liegen sah. Aber er hat gehalten. Mit diesem Mast segel ich immer noch und mich schreckt nun (fast) keine Belastung mehr. Kurz vorm Strand einen rasanten Aufschießer, blitzschnell das Segel runter und dann vor Top und Takel vierkant rauf auf den Strand.
So weit, so gut. Das Wasser war warm also rein ins Wasser und einen Anker ausgebracht. Inzwischen goß es wie aus Eimern, die Regentropfen taten richtig weh, die Böen erreichten locker Sturmstärke und die ersten Wellen klatschten übers Heck ins Boot. Der Strand war einfach zu schmal. Der Anker war draußen, wir wollten das Boot drehen und mit dem Anker den Bug in der Welle halten. Nun kam aber etwas womit wir nicht gerechnet hatten. Innerhalb von 5-10 Minuten hatte sich ein etwa 5 Meter breiter Algenstreifen gebildet und die Ankerleine so unter sich begraben, das diese nicht mehr zu bewegen war. Also konnten wir auch keinen Anker benutzen. Die Wellen drückten das Boot immer wieder quer zur See. Und das auf dem Strand. Nach einer Weile ließ der Wind nach, der Regen hörte auf und die Welle wurde weniger. Die Ixy lag nun hoch und trocken, quer auf dem Strand.
Wir waren inzwischen klatschnaß, aber froh das es vorbei war. Sichtbare Schäden gab es keine, aber das Cockpit sah aus... . Sand, Algen und Wasser. Leergeschöpft, sauber gemacht und mit Müh und Not den Anker und die Leine geborgen, dann waren wir soweit, wieder auf zu brechen.
Die Surfschule suchte auch den Strand nach Material ab. So vermißten ein Brett und viel schlimmer, das Bier welches im Wasser zum kühlen Stand. Den vollen Kasten haben sie aber nicht wieder gefunden, alles andere ja. Wahrscheinlich unter Algen und Sand begraben.
Wir naß wie wir waren, los. Aber nicht mehr nach Thießow sondern rum in den Zicker See. Das war dichter und liegt geschützter. Als wir die Einfahrt passierten, waren wir froh nicht versucht zu haben, hier vor dem Gewitter durchzukommen. Die Fahrwassertonnen müssen komplett unter Wasser gewesen sein. In den Topzeichen hingen eine Menge Algen. Als der Wind und Regen am stärksten gewesen wäre, wären wir erst hier gewesen. Nun konnten wir aber sicher durchfahren und zogen das Boot mit Hilfe aufblasbarer Rollen an Land und richtet uns auf die Nacht ein. Persenning rüber Schlafsäcke raus und Isomatten auch. Und da sahen wir das Disaster. Die Sachen waren leicht naß. Es hat etwas Wasser den Weg durch die neue Luke gefunden und die Schlafsäcke durchfeuchtet. Ein Schnapsglas im Schlafsack langt bekanntlich um einen unangenehmen Schlaf zu haben. Das hieß nun auch bei uns eine unangenehme Nacht in Ölzeug und nassen Penntüten. Es war auch eine sehr kurze, kalte Nacht mit schlechtem Schlaf.
Der nächste Morgen aber ließ das fast wieder vergessen. Die Sonne schien, der Wind bließ leicht und ein ausgiebiges Frühstück und ein starker Kaffee, ließen die Lebensgeister zurückkehren.

Alles verstaut und los. Unser Ziel rund Rügen konnten wir vergessen. Zu wenig Wind, denn dieser wurde immer weniger. So ging es erst einmal Richtung Strelasund. Bei wieder achterlichem Wind und strahlendem Sonnenschein. Also Spi hoch und alle Sachen zum Trocknen raus. Wir müssen ein Bild abgegeben haben... . Die Schlafsäcke unter den Salingen aufgehängt und das Ölzeug am Mast. Uns kam ein Segelyacht entgegen, der hat nur entgeistert geschaut und gelacht. Aber egal. Wir hatten für die nächste Nacht trockene Klamotten, das war das Wichtigste. Es wurde Mittag und die Mägen sagten knurrend: „Nahrung zuführen“.
Also Gaskocher raus und mitten auf dem Bodden unter Spi Mittag gekocht! Lecker. Es wurde auch ein ruhiger Nachmittag. Zum Abend sind wir leise am Palmer Ort an Land und jagten noch ein Liebespaar auf . Sorry, daß ihr wohl nicht zum Abschluß gekommen seid. Aber was soll man machen. J
Wieder das Boot auf den Strand gezogen, Lagerfeuer an, Essen raus und den Abend genießen. Plötzlich stieg über dem Strelasund eine riesige, schwarze Rauchsäule auf. Die Säule „wanderte“. Durchs Fernglas geschaut und siehe da, ein brennendes Boot. Eine Segelyacht aus Seedorf ist, wie wir später erfuhren, ausgebrannt.

Am nächsten Morgen war das Wetter einfach super.
Dieser Tag versprach nun ein perfekter Segeltag zu werden, wie schon vor 3 Tagen vom Wetterdienst versprochen. Er wurde es. Mit Anlieger in T-Shirt und Shorts nach Lauterbach. Teilweise leichte Wasserspritzer. Genau wie man sich das wünscht. Im Hafen denn Mittag gemacht und sich des Wetters gefreut. Ich hab noch das Radio im Hafen versenkt, aber dies sollte unserer Stimmung kein Abbruch tun. Ich muß mir zwar immer noch anhören, „die Fische im Lauterbacher Hafen können nun Musik hören“ oder „Wenn du im Hafen bist genau hinhören, kannst Wassermusik hören“. Aber das muß wohl so sein.
Die Reststrecke nach Sellin, legten wir kreuzend zurück mit Kaffeestop vor Neu Reddevitz. Da gibt es eine Stelle, wo man etwa 10 Meter vom Strand noch Schwerter und Ruder voll unten lassen kann und mit Heckanker und Bug zwischen zwei Steinen, trockenen Fußes an Land kann ohne, daß das Boot aufsetzt. Da sind dann immer noch 20-30 cm Wasser unter dem Rumpf. Man liegt hinterm Steilufer absolut geschützt für Windrichtungen aus Südost bis West über Nord. Schöne Stelle, bin ich öfter zum Kaffeemachen oder Baden gehen. Und man hat seine absolute Ruhe, da auch von Land schwer zu erreichen. Muß man aber kennen. 20 Meter weiter östlich kommt man nicht ans Ufer wegen den Findlingen, die knapp unter der Oberfläche liegen. Hier also schön Käffchen gemacht und dann die letzten Meilen nach Hause gekreuzt.
So ging eine Boddenumrundung zu Ende. Der Törn hatte alle Extreme, war aber trotzdem super. Der erste Tag hat mich wieder mal in meine Auffassung bestärkt, wie stabil die Ixy doch ist und was sie alles abkann.
Man kann ihr dermaßen was zumuten, das ist nicht mehr feierlich. Aber sie belohnt einen immer wieder. Zwar müssen mal Kleinigkeiten oder auch mal große Sachen repariert werden, aber das ist in überschaubarem Rahmen machbar. Genauso hab ich das Rigg etwas geändert um diese extreme Durchbiegung nach vorne bei starkem Wind in Zukunft zu verhindern, aber alles in allem bin ich sehr mit dem Boot zufrieden, trotz erster Alterserscheinungen.
Von diesem Törn, so kurz, wie er war, reden wir immer noch, da er doch so ausgefallen war.
Vor allem der erste Tag hat sich nachhaltig eingeprägt.
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