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  #1  
Alt 06.10.2002, 03:09
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Lieutenant
 
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Standard Yacht-Überführungen äusserst riskant: Eigner rechtlos

Scheinbar tragen sich einige Skipper mit dem Gedanken, ihr Schiff überführen zu lassen. Das ist rechtlich äusserst riskant, wie folgender Fall zeigt:

Im Herbst 1992 überführte die Hamburger Yacht Transport Agentur „Schoenicke Skipperteam“ ein Schiff aus dem Mittelmeer nach St. Lucia (Karibik).

Das Schiff erreichte bereits verspätet am 21.1.93 verspätet St. Lucia (Karibik). Statt aber jetzt sofort das Schiff in den Norden der Insel zum vereinbarten Zielhafen Rodney Bay zu bringen, um es dem dort wartenden Eigner zu übergeben, fuhren Skipper und Crew nach Anweisung von „Schoenicke Skipperteam“ nach Süden in die Marigot Bay, wo sie sich mit dem Schiff versteckten, um „kostenlose Ferien in der Karibik“ zu machen.

Da das Schiff aber vom Zoll gesehen und dem Eigner dies mitgeteilt worden war, nahm dieser sich einen Mietwagen und fuhr die Insel tagelang Bucht für Bucht ab, um sein verschollenes Schiff zu suchen. Er fand es schließlich 60 km entfernt in einer kleinen Bucht im Süden der Insel in der Marigot Bay. Mit Hilfe der Polizei und des Zolls wurden Skipper und Crew unter Androhung von Arrest veranlaßt, das Schiff sofort zum Haupthafen Rodney Bay zu bringen und dort zurückzugeben.

Die Skipper erklärten ihre Vorgehensweise damit, die Reise habe sich verzögert und „Schoenicke Skipperteam“ müsse den zahlenden Mitseglern gegenüber seine vertraglichen Verpflichtungen einhalten, nämlich deren gebuchten und bezahlten Aufenthalt auf dem Schiff zu ermöglichen. „Schoenicke Skipperteam“ hatte seine Verträge also auf Kosten des Eigners eingehalten.

Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg sahen hierin keinen entschädigungspflichtigen Vorgang. Weder aus der Tatsache, daß dem Eigner seine Yacht überhaupt vorenthalten wurde, noch aus der Tatsache, daß „Schoenicke Skipperteam“ durch die Entziehung seine Verträge mit seinen Kunden einhielt und hierfür auch von seinen Kunden Geld erhielt und für sich vereinnahmte.

Das Urteil dürfte seine allgemeine Bedeutung darin haben, daß von BGH und OLG Hamburg ganz grundsätzlich jeder Ersatzanspruch ablehnt wird, wenn jemand das Eigentum eines anderen an sich nimmt, für sich wie eigenes Eigentum nutzt oder gar gegen Zahlung an ihn Dritten zur Verfügung stellt, sofern es sich nur um ein sogenanntes „Luxusgut“ handelt, was auch immer das sein mag.

Diese Entscheidungen haben Brisanz zumindest für Ferienhäuser, Yachten und Nobelfahrzeuge einschließlich Oldtimern, alles „Luxusgüter“, die dem Zugriff Dritter schutzlos ausgeliefert sind:

Warum ist man so dumm und kauft sich selbst ein Schiff, wenn man mit Schiffen anderer Leute durch die Gegend fahren kann, ohne dafür auch nur einen Pfennig bezahlen zu müssen?

Nach dieser aktuellen Rechtsprechung kann sich jeder

Mitarbeiter einer Oldtimer Reparaturwerkstatt mit dem ihm zur Reparatur anvertrauten Oldtimer Ferrari, Bentley, Jaguar oder Maserati (Luxusgut !) auf unbefristete kostenlose Urlaubsreisen begeben, während er für die unberechtigte Nutzung eines billigen Nutzfahrzeuges VW zahlen müßte,

Verwalter von Ferienhäusern oder dessen Mitarbeiter die ihnen anvertrauten Feriendomizile nebst Schwimmbädern, Tennis- und Golfplätzen (Luxusgut !) selbst und mit Freunden nach Belieben nutzen oder an Dritte gegen Zahlung an sich selbst vermieten, während er für die unberechtigte Nutzung jeder Mietwohnung zahlen müßte.

Man zahlt also immer dann, wenn man dem Eigentümer unberechtigte Weise Allerweltsdinge entzieht, aber immer dann nicht, wenn die Dinge nur teuer genug sind oder wenn diese Dinge nicht jedermann hat, um als Luxusgut eingestuft werden zu können.

Das öffnet das einer grandiosen Selbstbedienung Tür und Tor. Je teurer oder seltener das Gut auf dem Markt, um so gefahrloser kann sich jeder daran bedienen.

Man kann also nach BGH und OLG Hamburg,

ohne auch nur einen Pfennig zu zahlen, z.B.

einen Oldtimer Mercedes SSK im Wert von 3 Millionen Mark aus einem Museum oder vom Hof eines begüterten Sammlers holen,

einen alten VW mit Schlüssel dafür hinstellen, denn der Eigentümer des SSK kann ja mit dem VW fahren,

und sich für einige Wochen nach Süditalien aufmachen, um dort zu seinem eigenen Vergnügen und gegen gutes Geld mit Touristen gewerblich durch die Gegend zu fahren,

und um die Sache rund zu machen,

statt in ein Hotel zu ziehen und dafür bezahlen zu müssen

sich in dem nobelsten Feriendomizil einzuquartieren, das weit und breit zu finden und zufällig gerade leer ist, möglichst einem Schloß oder ähnlichem. Wichtig ist nur, daß es sich unzweifelhaft um ein Luxusgut handelt, denn dann kostet es nichts mehr,

und wenn man daran keine Lust mehr hat, sich in irgendeiner Marina ein möglichst luxuriöses Schiff aussuchen und damit losfahren.

Und alles umsonst.

Total verrückt, total absurd? Nein, die Sachen sind vom höchsten deutschen Gericht BGH und dem OLG Hamburg rechtskräftig so entschieden worden:

OLG Hamburg, 14 U 106/97 vom 30. Oktober 1998 unter Berufung auf BGHZ 98, 212 f.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Ersatzes des Nutzungsausfallschadens besteht kein Anspruch.

Insoweit folgt der Senat der Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 98, 212 f.), wonach der zeitweilige Verlust der Gebrauchsmöglichkeit einer Sache nur dann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellt, wenn es sich um ein Wirtschaftsgut handelt, das für die Lebensführung des Betroffenen von allgemeiner und zentraler Bedeutung ist (a.a.0. E.I. 216 u. Bl. 223). Dieser Begriff ist eng auszulegen (BGHZ 117, 260 f.). Zu diesen Gütern gehören somit nicht Luxusgegenstände, die nicht dem normalen Lebensbedarf dienen (Palandt/Heinhchs, 57. Aufl., Vorbem. vor § 249 BGB Rn. 26).

Diese von dem Großen Senat für den deliktischen Eingriff aufgestellten Grundsätze gelten auch für vertragliche Schadensersatzansprüche (BGHZ 117, 260 f., 262; Palandt/Heinrichs a.a.0. Rn. 28).

Ein solcher für die Lebensführung nicht benötigter Luxusgegenstand ist die Yacht des Klägers.

Für den Eigentümer bedeutet eine vorübergehende Beeinträchtigung des Gebrauchs keine endgültige Gebrauchsentziehung, denn er kann die Nutzung jederzeit nachholen; er wird mithin nicht in seinem Vermögen beeinträchtigt, sondern lediglich in der Dispositionsmöglichkeit.

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Gruss, René
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  #2  
Alt 06.10.2002, 07:35
Segelwilly
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Seht ihr, warum ich Trailern will ?
Willy mit Luxusfloss 22
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  #3  
Alt 06.10.2002, 07:54
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charlyvoss charlyvoss ist offline
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Hallo René,

habe so was auch schon mal in Spanien gehört mit ner Ferienwohnung, die für 4 Wochen vermietet wurde und dann von den Mietern nicht mehr freigegeben wurde.


Hier in Deutschland dürfte es aber zumindest wohl so sein, dass eine missbräuchliche Benutzung strafbar ist. Die lag aber sicher bei dem von Dir geschilderten Fall nicht vor, denn die Benutzung war ja nicht missbräuchlich sondern entsprach nur nicht der erwarteten Zeit.
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Charly
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  #4  
Alt 06.10.2002, 09:31
wafi
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......
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  #5  
Alt 07.10.2002, 06:53
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ja, Peter (Hi Namensvetter), so nervig solche Typen auch sind, aber wenn der einen eindeutigen Vertrag hatte (was ja oben nicht erkennbar ist) in dem eine feste Zeit angegeben wäre, hätte die Sache evtl. anders ausgesehen. Dann wärs aber wohl wieder teurer geworden.

Mein Fazit:
Sparen ist immer gut, aber genaue und vor allem schriftl. Vereinbarungen vermeiden Streit und viele unkalkulierbare "Nebenkosten".

Deshalb ist es in meinem Freundeskreis üblich IMMER etwas schriftlich aufzusetzen, denn zu schnell wird etwas unterschiedlich verstanden und die beste Freundschaft kann kippen. Und mit Fremden, die manchmal nur den eigenen Vorteil suchen, ist das noch wichtiger.

Irgendwo war der Typ das selber schuld, jedenfalls nach den vorliegenden Infos. mit ausführlichen Infos kann es wieder anders aussehen, deshalb lege ich mich nicht fest.

Gruss

Pit (Peter)
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Pit

Ich sammele für meine Tochter Lanyards/Umhängeschlüsselbänder -> wer welche abgeben möchte bitte per PN melden. (aktuell über 230 Stck. aus dem erhalten - Danke!)
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  #6  
Alt 07.10.2002, 21:21
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Ist dieses Thema von allgemeinem Interesse? Ich würde dann mal das Urteil anfordern und vielleicht noch etwas Erklärendes dazu schreiben...
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Gruss,
Helmut

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  #7  
Alt 07.10.2002, 22:20
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Hallo Ventum,

allso intressieren würde es mich schon, die Sache hat auch vor einiger Zeit in der Boote gestanden, ich glaube der Chartervertrag ging damals vor.

Ralf Schmidt
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  #8  
Alt 14.10.2002, 19:59
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Wichtig war mir weniger der konkrete Fall als der Hinweis, dass nach Rechtslage (BGH, OLG Hamburg und LG Hamburg) kein Ersatz geleistet wird, falls jemand

ein „Luxusgut“ nicht wie vertraglich vereinbart zurückgibt, sondern es unter Ausschluss des Eigentümers

für sich nach Gutdünken über den vertraglichen Rückgabetermin hinaus weiterhin nutzt oder

sogar Dritten diese unberechtigte Nutzung gestattet, und zwar selbst gegen Zahlung an sich für dieser unberechtigte Nutzung.

Die Lektüre dieses Urteils kann ich jedem nur empfehlen, der sich mit dem Gedanken trägt, sich ein „Luxusgut“ anzuschaffen, egal ob Schiff oder andere Dinge.

Im übrigen:

Schriftlich vereinbart war im hier vorliegenden Überführungsvertrag die Rückgabe der Yacht am 17.01.1993 in der Rodney Bay St. Lucia, Karibik.

Das Schiff kam am 21.01.1993 in St. Lucia an, leicht verspätet. Obwohl die Zeit überschritten war, wurde trotzdem nicht der vereinbarte Übergabeort Rodney Bay im Norden angelaufen (dort wäre das Schiff dem Eigner voraussichtlich sofort aufgefallen), sondern die Marigot Bay im Süden, da Schoenicke zu Lasten des Überführungsvertrages seine Charterverträge erfüllen wollte.

Auch war die Überführung keineswegs umsonst: 7.500,-- DM zahlte der Eigner des 11 Meter Schiffs für die Strecke Monastir/Tunesien nach St. Lucia.
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Gruss, René
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