Juan Baader: Motorkreuzer und schnelle Sportboote - Umfassendes Basiswerk aus 1972

[Saint-Ex]

Hallo allerseits im BF-Forum.

Um den tollen Faden von Helle, Tommi und den anderen BF-Freunden nicht unnötig zu zerlabern, möchte ich hier in einem neuen Thread noch mal auf das Buch "Motorkreuzer und schnelle Sportboote" von Juan Baader hinweisen.

Klare Empfehlung an alle Boots- und Bootsbau-Interessierten gleich zu Anfang: Unbedingt downloaden, lokal speichern und in ruhigen Minuten von vorne bis hinten durchlesen....

Alles begann wohl mit diesem tollen Projekt von Helle bereits im September 2010: https://www.boote-forum.de/showthrea...6&#post1921366
und fand mit der kostenlosen Bereitstellung des digitalisierten Buches - einschließlich ausdrücklicher Genehmigung vom Erben des Autors und vom ehemaligen Verleger/Verlag in diesem Faden seinen krönenden Abschluss: https://www.boote-forum.de/showthread.php?p=4651007&#post4651007,

als das Projekt dann nach acht (!) Jahren im Oktober 2018 in der Version V8 abgeschlossen und das digitalisierte Mammut-Werk jedermann kostenlos zum Download bereit gestellt werden konnte.

Ich halte das immer noch für eine ausserordentlich "gemeinnützige" Mammutaufgabe, der sich unsere BF-Freunde da gestellt haben - zu unser aller Nutzen. Den Dank dafür kann man m.E. gar nicht hoch genug ansetzen [emoji38]

Alex fragte mich ja kürzlich ob meines überschwenglichen Lobes: "Du nimmst doch was?"

Einfach Antwort: Nö, Alex, ich lese einfach.... und freue mich wie ein Kind über dieses Geschenk.....

Und ich bin auch heute als eher “Spätgeborener“ total begeistert, was dieser Schiffsingenieur Juan Baader, der laut Werft-Historie der "Astillero* Baader" (*spanisch: Werft) im Jahre 1929 nach Buenos Aires kam (eventuell aus Deutschland?) und bereits 1937 seine eigene Werft gründete, alles an grundlegendem Wissen über den Bau von Motokreuzern und schnellen Motorbooten wußte, vielfach erst selbst erforschte und dann in diesem wirklich als "Basis-Werk" zu bezeichnenden Mammut-Buch über 452 Seiten alles lesens- und wissenwert zu Papier brachte.

Ganz ehrlich: Wer macht denn heute noch solche Real-Vergleichs-Versuche und wer läßt dazu veritable Motoryachten per Deckslast um die halbe Welt transportieren, um sie auch in anderen Revieren zu testen ?

Gleichzeitig ist dieser Text nach meinem Eindruck so nachvollziehbar und verständlich formuliert, dass auch Nicht-Schiffsingenieure und Hobby-Skipper mit Freude an Booten, an Bootsbau und an Bootsmotoren hier voller Spannung, Interesse und vielen Aha-Erlebnissen bis zum Ende durchlesen können..... (ich habe gerade Seite 452 beendet).

Wenn man den aktuellen Internetauftritt dieser "Astillero Baader" * genau studiert, dann kann man Freude empfinden, dass Juan Baaders Nachkommen das Erbe einer Bootswert fortführen und offenbar damit erfolgreich sind.
(* Tipp: über Google-Suche aufrufen und "Übersetzung" aktivieren, dann kann man den spanisch-sprachigen Internet-Auftritt auch gut in Deutsch lesen).

Wenn man die aktuellen Boots-Angebote der heutigen "Astillero Baader" mit den Boots- und Yachtbauten des Vaters Juan aus der damaligen Zeit (Erscheinungszeit des Buches) samt seinen umfänglichen Kenntnissen und Erkenntnissen vergleicht, dann darf man ohne Hähme vermuten, dass das geniale Erbe von Juan Baader allerdings nach wie vor eher brach liegt....

Meiner - ganz bescheidenen, weil definitiv "Nicht-Ingenieur" - Meinung nach können die von Juan Baader dargestellten Gesetzmäßigkeiten samt seiner eigenen Erkenntnisse nach wie vor als gültig und sinnvoll eingestuft werden. Da ein vergleichbar umfangreiches und gleichzeitig fachlich-sachlich fundiertes Buch seit 1972 wohl nicht mehr verfaßt und verlegt wurde, ist es wohl nicht übertrieben, zu behaupten, dass dieses Buch auch heute noch als "das Basis- oder Standart-Werk" für sachgeleiteten Bootsbau und seemännische Langfahrt mit Motorbooten betrachtet werden kann.

Zwei Dinge sind mir beim Lesen dennoch aufgefallen:

1. Obwohl Z-Antriebe schon damals eingeführt und bekannt waren und auch bei ihm Erwähnung finden, spielen sie in den umfänglichen Beschreibungen und Berechnungen kaum eine nennenswerte Rolle. Bei der Beschreibung der verschiedenen Arten von Antrieb und Motor in Bezug auf die jeweiligen Vor- und Nachteile hinsichtlich Navigierfähigkeit fällt dann insbesondere die Tatsache, dass man mit Z-Antrieben den Propeller-Schub gezielt verdrehen kann, nahezu völlig unter den Tisch. (fällt mir als Z-Antriebs-Fahrer natürlich besonders ins Auge ).

2. Seine Aussage, dass Halbgleiter- oder Gleiter-Konzepte bei größeren Fracht- oder Fahrgastschiffen nicht denkbar seien, läßt das Konzept der bereits damals bekannten sog. "Tragflügelboote" für bis zu 70 Passagiere ausser acht (immerhin hat er auf Seite 287 ein solches vom Titicaca-See selbst erwähnt, allerdings in anderem Zusammenhang). Denn was sind Tragflügelboote anderes als Gleiter mit quer unter dem Rumpf angebauten Tragflügeln zur Überwindung der Rumpfgeschwindigkeit (in den 70er bis 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts existierte mit dem RHEINPFEIL auch hier bei uns auf dem Rhein eine Tragflügelboot-Verbindung zwischen Düsseldorf und Mainz. Der RHEINPFEIL war knapp 27 Meter Lang, hatte 1 Dieselmaschine mit 1.010 PS und konnte bis 65 Km/h schnell übers Wasser "gleiten". Das Konzept von Personentragflügelbooten war allerdings hier schon seit den 1930er Jahren erfolgreich erprobt worden.).

Aber diese Punkte sind natürlich völlig nebensächliche "Nickelichkeiten" im Verhältnis des in diesem Werk gesammelten und gut erklärten Wissens-Fundus.

Man kann tatsächlich auch mit Sachliteratur gut entspannen, wenns interessant und verständlich geschrieben ist....

LG, Saint-Ex

ps Manche Anfänger-Frage, die hier nicht selten zu seitenlangen Disputen führte, wäre anhand dieses Buches ganz schnell und emotionslos zu beantworten