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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit!

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Alt 27.07.2008, 13:14
Kölsche Jung Kölsche Jung ist offline
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Standard Segeltörn rund um England - Nic (Kölsche Jung) Juli 2008

Dies sind die einzelnen Berichte die ich während der Reise per Email nach Hause geschickt habe. Einige Erklärungen waren für die Nicht-Segler meiner Famile gedacht.

Wünsche viel Spaß beim Lesen.

Nic










1. Törnbericht

27.06.-28.06.08

Nieuwpoort - Lowestoft


Am Freitag um 15 Uhr sind wir endlich losgekommen. Nach der Anreise am
Donnerstag und unzähligen Fahrten zwischen Micha´s Haus und dem Boot mit
Beladen, Entladen, Verstauen von Lebensmitteln, Klamotten und Segeln haben
wir die Leinen losgeworden und sind bei schönstem Wetter abgelegt.
Kurz nach dem Segel setzen kamen die ersten Salwasserduschen, und so kamen
Ölzeug und Automatikweste zum Einsatz.
Aus anfänglichen Beaufort 4-5 entwickelten sich rasch 6-7, später in
einzelnen Böen auch 8.
Bei halbem wind und Welle stiegen so rasch mehrere Wellen ins Cockpit ein,
die wir dank des relativ flachen Freibordes des Bootes voll abbekamen. Es
kam einem teilweise vor als ob jemand mit einer vollen Schubkarre Wasser
von hinten Anlauf nimmt und sie einem mit voller Wucht in den Nacken
entleert. Dank des nahezu wasserdichten Regenzeugs aber irgendwie auch ein
Heidenspass!!
Bei den überkommenden Seen wurd aber auch bald klar, dass das Boot noch
einige undiche Stellen an Fenstern und Vorschiffsluke hat. So wurde es
nicht nur von aussen,, sondern auch von innen recht nass! Das Boot selber
steckte den Wind allerdings absolut unbeeindruckt weg. Bei 7 Bft Wind
immer noch unter Vollzeug, also Fock und ungerefftes Großsegel. Das muss
erstmal eine Yacht nachmachen.
Aber verwunderlich ist das nicht: das Boot, die "White Saracen" (Hustler 35) wurde extra für die Fastnet-Regatta gebaut, die als Wendepunkt den
berühmt-berüchtigten Fastnet-Felsen südlich Irlands hat. Das Boot nam 2x
an der Regatta teil, gewann sogar einmal den ersten Platz in ihrer Klasse.
Für heutige Verhältnisse wäre es viel zu schwer für ernsthaften
Regattasport, aber uns Fahrtenseglern kommen die 3 Tonnen Blei im Kiel
zugute. Andererseits sind moderne Boote von 10.65m Lämge deutlich breiter,
etwa 4m statt unserer 3,2m Durch die für damalige Verhältnisse typische
Aufteilung wirkt es von innen daher wesentlich kleiner. Aber für 2
Personen allemal austreichend Lebensraum.
Bei diesem anhaltend kräftigen Wind aus Südwest sind wir also mit
durchschnittlich 7-8 Knoten Richtung England gerauscht. Ursprümglich war
angedacht direkt die 520 Semmeilen bis Inverness in Schottland durch zu
fahren. Da wir aber erst noch alles abdichten sowie die Steuerleinen der
Windfahnensteuerung, die durch den Druck gerissen waren, ersetzen wollen,
machen wir einen Zwischenstop in Lowestoft an der südwest-Englischen
Küste. Die rund 100 Seemeilen ( 185 km ) schaffen wir in unter 15 stunden
und kommen so im Morgengrauen an. 5.45 Uhr unserer, 4.45 englischer Zeit
an. Nach dem Anleger-Bier wurde das Ölzeug zum trocknen aufgehängt und ca
40-50 Liter Wasser aus der Bilge gepumpt. Dieses war durch die
einsteigenden Seen durch den offenen Niedergang ins Schiff gelangt. Nun
ist erstmal ausruhen angesagt, heute Nachmittag wollen wir wahrscheinlich
schon weiter, wenn alle Arbeiten erledigt sind.
Mein Mitsegler macht einen sehr netten Eindruck, witzig, freundschaftlich
und trinkt auch gern mal ein Bier oder Roten
Ich liege hier auf meiner Koje und nun fallen mir bald die Augen zu....
Werde bei nächster Gelegenheit weiter berichten.

Lowestoft, 28.06.08





2. Törnbericht Lowestoft - Peterhead ( Schottland )

28.06. - 01.07.08

Nach einem 14-Stunden-Stopp in Lowestoft lösen wir die Leinen und verlassen die Marina.
Der kurze Aufenthalt wurde genutzt um die besagten Leckagen abzudichten ( was , wie sich später herausstellt, auch nahezu vollständig gelungen ist ) neue Steuerleinen für den Windpiloten zu besorgen, die Sachen zu trocknen und ein paar Stunden auszuruhen. Auf der Suche nach einem Boatshop frage ich einen Engländer im Yachthafen, der grade an seiner Jolle arbeitet.
Als er mich fragt was wir benötigen holt er eine Wanne mit verschiedenen Leinen aus seinem Geländewagen. Wir finden eine geeignete und fragen ihn “how mich?”, doch er winkt nur ab.
“It´s an old halyard ( Fall ) from my first boat”. Netter Mensch !!!
Nach einem Pflichtbesuch in der Fisch & Chips-Bude und einem Pint Bitter machen wir uns auslauffertig.

Kurz nach dem Auslaufen, wir hören grad “Hannes Wader” auf meinem MP3 Player, geht ein Rums durch das Schiff. Aufgelaufen. ******* !!
Ein Blick auf den Kartenplotter verrät, dass wir eine kleine Untiefe übersehen haben. 0,7m Tiefe bei Niedrigwasser, an einer Stelle sogar 0,2m trockenfallend!! Sofort starte ich den Diesel und wir laufen auf Gegenkurs ab. Ein paar Mal geht noch ein beunruhigendes”rumms” durch das Boot, dann ist es geschafft und wir sind runter.
Schwein gehabt! Bei mehr Welle und ablaufendem Wasser hätte das böse ausgehen können.
Später laufen wir Kurs 345 Grad, dann 335 Grad, unserem Generalkurs Richtung Peterhead, unserem Etappenziel.
Ab dort geht es Kurs West in den Mooray Firth, an dessen Eingang Inveress liegt, dem Eingang zum Kaledonienkanal.
Bis Peterhead sind es ca 340 Seemeilen, in diesem Augenblick wo ich das hier schreibe verbleiben noch 140 sm. Ankunft dort in etwa 30 Stunden, also Dienstag mittag.
Grade überqueren wir den Nullmeridian. Ab jetzt lauten unsere Positionsangaben nicht mehr auf Ost, sondern auf West. Für mich eine Premiere. Micha dagegen ist schon oft im engl. Kanal über diese imaginäre Linie gefahren.
Letzte Nacht mussten wir gleich einer ganzen Menge Öl- und Gasplattformen ausweichen, die hier haufenweise in der Nordsee stehen. Eine davon wurde bei unserer Passage mit dem Hubschrauber versorgt, der über unsere Köpfe hinwegflog.
Der Wind weht beständig aus SW mit Stärke 4-5, sodass wir bei halbem Wind mit rauschender Fahrt in die Nacht rauschen. Herrliches Segeln!! Das Boot schiebt kaum Schräglage und wir bleiben diesmal trocken. Ich übernehme die erste Wache ab 22 Uhr, währen Michael schlafen geht. Um 1 Uhr wird gewechselt, dann noch mal um 4 Uhr. Während der ganzen Zeit steht keiner von uns am Ruder, denn unsere Windfahne steuert das Boot zuverlässig und präzise. Dabei braucht sie nicht mal Strom.
Die Windfahne am Heck des Schiffes wird auf den gewünschten Kurs ausgerichtet. Sollte sich der Kurs des Bootes zum Wind mal ändern, dreht die Fahne ein Pendelruder, das ins Wasser getaucht ist. Dieses schwingt dann durch die Wasserströmung zur Seite und lenkt über die Steuerleinen, die direkt auf das rad gehen, das Boot wieder auf den alten Kurs zurück.Das Boot wird also immer im gewünschten Winkel zum vorhandenen Wind gehalten, folgt also auch Winddrehern. Daher ist es Pflicht regelmäßig den Kurs zu kontrollieren. Gester hatten wir ca 1,5 Stunden lang Begleitung von einer Delfinschule mit etwa 8-10 Tieren. Links und rechts vom Boot tauchen sie auf und schnauben Luft durch ihre Atemlöcher. Einige von ihnen tauchen kreuz und quer unter dem Boot hindurch, springen hoch aus dem Wasser und lassen sich seitlich zurückfallen. Showreif !!!
Währenddessen schaut ein Seehund aus dem Wasser in unsere Richtung, kurz darauf schwimmt ein Papageientaucher an uns vorbei.
Das Wetter zur Zeit ist meist sonnig, trotzdem merken wir, dass es kühler wird je weiter wir nach Norden kommen. Die letzte Nacht wurde es quasi gar nicht mehr dunkel, für 2-3 Stunden war ein roter Streifen am Horizont zu sehen,d danach wurde es wieder hell. Das Endspiel der Fussball-EM gestern Abend haben wir leider verpasst. Es war einfach kein Radiosender zu finden der das Spiel überträgt.
Und so können wir aufgrund der Entfernung zum Festland ( zw. 45 und 60 sm ) auch nicht per Handy nach dem Ergebnis fragen. Pech !!
Stattdessen hole ich mein Notebook raus auf das Schiebeluk und wir schauen von Festplatte “Mario Barth - Männer sind primitiv, aber glücklich”. 2 Stunden bester Unterhaltung und Lacher, dazu haben wir einige Becher Rotwein geleert.

Nordsee, 30.06.08, 58 sm östlich Castle Upon Tyne, 08.45 Uhr.


Peterhead, Nordsost-Schottland, 01.07.08 18.31 Uhr:
Land in Sicht!! Nach einer Nonstop-Fahrt von 350 sm in 68 Stunden sehen wir das erste Mal wieder Land. Unterwegs sind wir außer den Bohrinseln nur wenigen Anzeichen von Zivilisation begegnet.
In den letzten 48 Stunden haben wir grade einmal 2 Schiffe gesichtet, Segler haben wir auf der ganzen Reise bisher, außer direkt vor den Häfen, noch gar keine gesehen.
Wir freuen uns auf eine Dusche und ein richtiges Essen. Ist unterwegs immer etwas schwierig mehr als eine Dose warmzumachen, das Geschaukel lässt so was zu einem Sport werden.
Trotzdem bekomme ich unterwegs auch mal “Rührei Windstärke 6” hin. Die Pfanne wird dabei aus der Hand über der Flamme gehalten, da sonst Gefahr besteht dass sich der noch nicht gestockte Glibber ins gegenüberliegende Küchenfach verabschiedet.

Bei der Anfahrt zum Hafen laufen wir einen etwas blöden Vorwindkurs, dazu eine Welle von achtern von bis zu 2,5 m, die die Gefahr birgt dass der Großbaum ungewollt auf die andere Seite schlägt.
Und so kommt es, dass Micha trotz Vorwarnung bei solch einer Halse den Baum voll gegen den Kopf bekommt als er am Niedergang steht.
Er dreht sich um, hält sich den Kopf, und Blut spritzt über den Cockpitboden. Verdammt!!
Zum Glück scheint nichts ernsteres passiert zu sein und die Wunde hört schnell auf zu bluten.
Ich rufe über UKW Kanal 14 Peterhaed Harbor Radio und erbitte Erlaubnis zur Einfahrt in den hafen. Ist Vorschrift für alle an- und abgehenden Schiffe.
Nach dem Anlegen reissen wir ein Bier auf und trinken auf diesen fantastischen Törnabschnitt.
Drei Tage nonstop, das ist für uns beide Neuland.
Wir gehen uns anmelden, unterhalten uns noch mit einem Holländer der unsere Leinen angenommen hat und ich gehe erstmal ausgiebig duschen.
Heute Abend wird der Grill angeworfen, er gibt Würstchen, Entenbrust, Nudeln und…mal schauen was die Backskisten noch so hergeben.

Viele Grüße, Nici





Törnbericht N. 3


02-03.07.08 Peterhead - Inverness


Am Abend vor der Abreise baue ich den neuen Grill zusammen und es gibt - etwas ungewöhnliche Kombination - Currywurst und Entenbrust. Die Entenbrust ist fantastisch, genau auf den Punkt aussen knusprig und innen rosa und saftig. Es ist die erste Nacht die wir in einem Hafen verbringen. Und so schlafen wir von kurz nach 22 Uhr bis kurz vor 9 Uhr am nächsten Tag.
Den geplanten Abschnitt nach Inverness von gut 100 sm betrachten wir mittlerweile als “Kurztrip”.
Ist ja grad mal eine Nacht durch
Peterhead harbor ist eine nicht unbedingt sehenswerte Industrie-Hafenanlage. Hier werden Versorgerschiffe für die Bohrinseln beladen, außerdem starten hier in der Nähe Hubschrauber, die teilweise im 5-10 Minutentakt starten und hinaus auf See fliegen. Am Tag der Abreise laufen wir gut eine halbe Stunde in die City. Ich erstehe einen schönen Wollpullover für den halben Preis, 42,50 Pfund. Das sind etwa 55 Euro. Hatte vergessen bzw. nicht daran gedacht dass es hier oben auch im Sommer recht kühl werden kann. Am Abend wird es drausssen sehr frisch, wir verziehen uns in die Kajüte und machen den Heizlüfter an. Michael kauft sich für 99 Pence eine Lesebrille, außerdem in der Drogerie Schmerztabletten, eine Salbe und Kniebandage. Bei der Kopfnuss vom Vortag durch den umschlagenden Baum ist er zusätzlich mit dem Knie gegen die Kante vom Brückendeck geknallt und humpelt. Gehen funktioniert zwar, nur mit Treppenstufen hat er Probleme.
Am Nachmittag laufen wir gegen 14.30 Uhr aus. Ich melde uns per Funk wieder bei Peterhead Harbor ab ( ich glaube ich hab aus Nervosität Peterport Head radio gesagt ).
Der Wind bläst wie schon die Tage zuvor raum, also von schräg hinten, und so kommen wir gut voran.
Was das Wetter angeht muss ich sagen dass wir unheimlich viel Glück haben.
Abends kochen wir Nudeln mit Basilikumsauce und viieel Knoblauch, dazu frischer Parmesan.
In der Nacht gegen 12 Uhr schläft der Wind leider etwas ein und ich muss den Diesel starten .
Er läuft noch fast ohne Unterbrechung bis zur Ankunft in der Seeschleuse Clachnaharry bei Inverness, wo wir nach 20 Stunden ankommen. Die Anfahrt durch den trichterförmig zulaufenden Mooray Firth ist wunderschön, wir sehen schon andeutungsweise die Highlands links und rechts vom Ufer, am Strand entdecken wir Heerscharen von Seehunden am Strand. Ausserdem begleiten uns wieder einige große Delfine in etwa 50-100 m Entfernung. In diesem Teil haben wir den nördlichsten Punkt unserer Reise erreicht, 57°46,5´N. Ab jetzt geht es nur noch weiter südlich.
In der ersten von insgesamt 29 Schleusen des Kaledonienkanals treffen wir ein Boot mit einem dänischen Ehepaar aus Peterhead wieder, die den Hafen etwa 1 h vor uns verlassen hatten.
Dort bezahlen wir die Schleusengebühr von 175 Pfund, also ca 220 Euro.
Klingt viel, allerdings sind bereits fast alle Hafengbühren bis zu 7 Tagen darin enthalten. Nur Strom kostet 2,50 Pfund die Nacht extra.Nach der zweiten Schleuse machen wir in der Seaport-Marina von Inverness fest.
Wir waren eben im örtlichen Co-Op (Daneben Lidl und zig andere Großmärkte) und haben Zutaten fürs Grillen und ein feines Gulasch eingekauft.
Ich werde gleich versuchen per Pay-Wlan ins Internet zu kommen und diese Mail mal mit ein paar Bildern zu verschicken. In Peterhead war der Internetzugang nur per GPRS-Handymodem möglich, dazu grottenlangsam.
Sitze nun im Cockpit, hier war es für schottische Verhältnisse heute Nachmittag ultraheiss und schwül ( 26 Grad ). Kühlen tut nur die leichte Brise und der GinTonic, den wir zur Tradition Queen-Mom-like um 11 Uhr erklärt haben.





Törnbericht Nr 4

Fort Augustus, 05.07.08 07.00 Uhr


Am Freitagmorgen legen wir das Schiff vor der Schleusung noch zur Tankstelle um. Wir tanken 26 Liter Diesel, was bei 17 Motorstunden unserer bisherigen Reise einen Schnitt von 1,5 Liter/Stunde macht. Das ist sehr wenig für eine 29 PS Maschine. Gleichzeitig melden wir uns für die Schleusung an, die gegen 9.20 Uhr stattfinden soll. Über Funk wird mit dem “Lock Keeper” vereinbart, welches der 6 Boote wo in der Kammer festmachen soll. Ein 7er fragt an, wird aber abgewiesen. 2 Boote gehen backbord, 2 an steuerbord und 2 in der Mitte. Der Schleusenwärte in Enkhuizen am Ijsselmeer hätte locker doppelt so viele Boote reingepackt.
Vor der Schleuse öffnet sich noch eine von 10 Swingbridges auf der gesamten Kanalstrecke, dann fahren wir ein.
Muirtown Lock ist eine Schleusentreppe mit 4 Kammern nacheinander. Unsere Bootsnachbarn bleiben an Land und führen unsere Leinen weiter von einer Kammer zur nächsten. Währenddessen bleib ihr Boot längsseits an unserem vertäut. Es ist ein junges Paar Anfang 20. Sie segeln die gleiche Route wie wir, nur haben sie statt 4 Wochen 3 Jahre !!!! Zeit dafür. Für die Strecke von der Isle of Wight im engl. Kanal haben sie seit Anfang April 30 Stops eingelegt. Wir dagegen für kaum weniger Distanz nur 3.
Kurz nach 11 Uhr sind wir durch und geschätzte 15 Meter höher. Der höchste Punkt wird bei 34 Metern über dem Meeresspiegel liegen, danach wird wieder abwärts geschleust.
Der Kanal den wir nun durchfahren ist traumhaft. Es kommt uns vor als fahren wir mitten durch den Schwarzwald!
Kurz vor Loch Ness passieren wir eine weitere Schleuse und Brücke, danach geht es hinaus auf den sagenumwobenen See. Ein irres Gefühl !!! Eine Woche sind wir exakt bis hier hin unterwegs gewesen.

Das Wetter ist fantastisch. Wind haben wir allerdings keinen, und so Motoren wir den 37km langen, aber kaum 1km breiten See entlang. Das Ruder brauche ich nur alle 1-2 min ein paar cm nach links oder rechts zu korrigieren um auf Kurs zu bleiben.
Loch Ness ist 224 m an seiner tiefsten Stelle tief.
Ich hätte Lust zu schwimmen, wenn auch das Wasser eiskalt ist.
Wo ist Nessy???

Michael kocht unterdessen ein fabelhaftes Gulasch, dazu gibt es ein fast kaltes Jupiler Bier, das wir aus Belgien mitgebracht haben.
Gegen 17.30 Uhr machen wir vor der Schleusentreppe von Fort Augustus am Ende des Sees fest, danach gehen wir ins nahe gelegen Pub und trinken ein Pint Bitter und einen schottischen Whisky.
Um halb 9 am nächsten Morgen, so zeigt die Tafel an, können wir geschleust werden. Noch knapp 1,5 Stunden. Seit 5 Uhr bin ich wach, gehe eine Runde durch den Ort und mache ein paar Aufnahmen.





Törnbericht Nr 5

Fort Augustus - Oban



Am Abend in Fort Augustus habe ich noch ein überraschendes Elebnis.
Im Pub steht ein holländisches Pärchen am Thresen. Auf seinem Sweatshirt erkenne ich ein aufgedrucktes Plattbodenschiff, darunter den Namen des Schiffes: “Hoge Wier”.
Mir bleibt der Mund offen stehen. Auf der Hoge Wier sind wir mit Skipper Jaap von 1991 bis ca 1996 regelmäßig auf dem Ijsselmeer Törns gefahren. Ich spreche die beiden an, Ja das ist die Hoge Wier aus Muiden am Ijsselmeer, er ist einer der neuen Skipper und kennt Jaap gut, erzählt er mir.
Echt ein Ding.
Am nächsten Tag treffen wir die beiden in der Schleuse vor uns mit ihrem eigenen Schiff, der “Windjammer”. Da ich vorne an der Vorleine bin kommen wir ins Gespräch und ich erzähle dass wir viele Jahre mit dem Boot gefahren sind. “Ach, dann kennt er dich bestimmt noch. Er ist jetzt in Göteborg Skipper.” Sagts und holt sein Handy um Ihm eine SMS zu schreiben.
In der nächsten Schleuse ruft er mir herüber: ”Schöne Grüße von Jaap zurück, ja er weiss noch sehr gut wer du bist.” Toll!!
Unterwegs auf dem Loch Lochy und Loch Oich machen wir gegenseitig Fotos unter Segeln voneinander. Abends in Fort Fort Williams gehe ich zu ihnen hinüber und wir tauschen bei einem Glas Rotwein unsere Fotos aus, die ich auf USB-Stick dabei habe. Sie haben ebenfalls ihr Notebook an Bord. Moderne Zeiten!!

Am nächsten Morgen gehen wir durch die 8 Schleusenkammern von “Neptuns Staircase”, die uns in knapp 1,5 Stunden 19,5m tiefer bringt. Nachdem wir noch unseren Dieseltank aufgefüllt haben empfängt uns die Irische See, die bereits zum Atlantik gehört. Von der Nordsee hatten wir uns bereits
in Inverness verabschiedet, auf sie werden wir erst wieder ab der Höhe Dover/Calais treffen.
Wir Motoren weiter Richtung Oban, was etwa 28 sm entfert liegt. Segeln lohnt kaum , da der Wind genau von achtern einfällt, dazu noch recht schwach, eine Segelstellung die nervig und anstrengend ist.
Ständig muss man darauf achten dass die Segel nicht einfallen.
Die mitsetzende Strömung schiebt uns recht schnell Richtun Oban, an einer Engstelle laufen wir glatt über 10kn über Grund, bei einer Fahrt durchs Wassser von nur etwa 5,5-6 kn.
Gegen 17 Uhr machen wir an einer Mooríngboje fest. Das sind schwimmende Bojen die auf Grund verankert sind, oben dran ist eine Metallöse durch die man seine Leine zieht.
An Land kommt man jetzt nur per Wassertaxis, das man per Tel. bestellen kann, oder per eigenem Schlauchboot.
Wir wuchten unsere Gummiziege vom Vordeck, die wir schon seit 10 Tagen ungenutzt mit herumschleppen, montieren den Aussenborder dran, und nach 4-5 Zügen an der Leine springt der 4 PS Viertakter an. Michael brummt mit seinem Schlauchi zum ersten Mal seit dem Ebay-kauf vor 2 Jahren um das Mooring-Feld, wo etwa 15 Boote direkt vor der Stadt liegen.
Kurz danach landet tatsächlich ein Wasserflugzeug mit viel Lärm in unserer Bucht und läuft den Steg an. Nach 10 min startet es wieder und kehrt wiederum nach einer knappen Stunde zurück.
Morgen geht es weiter Richtung Crinan, wo uns ein weiterer, aber viel kürzerer Kanal, den Weg Richtung Irland verkürzt.


Oban, 06.07.08, 19.25 Uhr






Törnbericht Nr. 6

Oban - Belfast



Mo 07.07.08 Oban - Crinan - Ardrishaig

Frühmorgens um halb 7 lösen wir uns von der Mooringboje und laufen südlich durch den Kerrera Sound, auf den Fifth of Lorn, den Sound of Insh, biegen dann ein zwischen die Inseln Scarba und Luing Richtung Sound of Jura.
Zwischen den beiden Inseln kann es bei ab- und auflaufendem Wasser zu heftigen Stromwirbeln- und Schnellen kommen. Wir haben gut getimed und erreichen die Stelle bei Hochwasser Crinan.
Trotzdem ist das Wasser rings um uns wie ein leichter Whirlpool, man kann großflächig Wirbel erkennen, an deren Rand wir um bis zu 4 kn beschleunigt werden, an anderen Stellen strömt das Wasser vom Grund an die Oberfläche. Faszinierendes Schauspiel!!
Ab und zu wird das Boot wie von Geisterhand herumgewirbelt. Möchte gar nicht wissen wie es hier in 2 Stunden aussieht. Ausdrückliche Symbole in der Seekarte und den Stromkarten warnen davor.
Die Landschaft ist unheimlich schroff und schön, jede Menge große und kleine Felseninseln, die aber fast vollständig grün mit Farnen, Moosen und Büschen bewachsen sind.
In den 4 Lochs am Caledonian Canal standen überwiegend Nadelbäume an den Steilhängen.

Vor Crinan liegen dutzende Anker- und Bojenlieger. Wir haben Glück, es wird grade abwärts geschleust und wir können in die ersten von 15 Kammern des nur 9sm langen Kanals einfahren.
Völlig unwissend was uns erwartet, denn die Entscheidung ist erst am Morgen gefallen. So sparen wir uns die ungeschützte Westseite der Halbinsel, an dessen Südspitze der Mull of Kintyre ist, eine für starke Winde und grobe See berüchtigten Ecke. Zudem befindet sich dort ein Verkehrstrennungsgebiet, das wir auf dem Weg nach Belfast wahrscheinlich nachts queren müssten.

So fahren wir nach der 2ten Schleuse auf ein Kanalstück, kaum 8-10m breit, zu beiden Seite dicht bewachsen. Kommt mir vor als führen wir die Agger oder die Sieg entlang. Geil !!
Dann öffnet sich die linke Seite mit bewuchs etwas und wir sehen, dass der Kanal im ersten Teil entlang des Berghanges gegraben wurde. Zur linken etwa 6-8m tiefer sieht man eine weite, trockenfallende Gebiete der Irischen See.
Überraschung Nr 2 erwartet uns an der nächsten Schleuse: diese müssen wir komplett selbst von Hand bedienen. Keine Wärter die Leinen annehmen, keine hydraulischen Schleusentore.
Beim Aufschleusen sieht das so aus:
Wir gehen mit dem Schiff an der hohen Schleusenwand längs, ich springe mit der Vorleine ums Handgelenk auf die eingelassene Leiter über und steige 3-4m hoch zur Schleusenkante.
Dort belege ich schnell meine Leine und fange dann von Micha die Heckleine auf.
Jetzt muss ich die tonnenschweren, unteren Schleusentore, die mit 10m langen, massiven Holzbalken verlängert sind, schließen. Das geht mit vollem Körpereinsatz mit Stemmen und Lehnen gegen den Balken. Danach kurbele ich die beiden Klappen iin den Toren hinunter, um die Kammer dicht abzuschließen. Danach die oberen Schleusenklappen hochkurbeln und die Kammer fluten.
Das dauert 5-10 min und bringt uns jedes Mal 3-4m höher. Das Ganze geht teils recht turbulent zu Sache, ich muss von oben die Leine nachführen damit das Boot nicht querschlägt.
Wenn der Wasserstand ausgeglichen ist werden die oberen Schleusentore aufgestemmt, ich komme an Bord und wir können ausfahren. Das ganze Prozedere an diesem Tag ca 10 Mal. Das schlaucht !!!
Heute abend sind wir in Ardrishaig, dem letzten Ort am Ausgang des Crinancanals.
Wir sind an einem kleinen Steg längs gegangen, morgen noch 3 Schleusen und die Irische See im Forth of Clyde hat uns wieder. Morgen soll es die Nacht durch nach Belfast in Nordirland gehen. Eben waren wir noch essen, es gab Steak ( wurde als Gulasch serviert ?!?! ) mit Gemüse und “Guinnes Pie” ( ein Stück Blätterteigbrötchen ) mit Gemüse, und “Homemade Chili”.
Dabei wie üblich ein “John Smith Bitter” und einen Scotch



Ardrishaig - Belfast 08.-09.07.08


Die Überfahrt nach Belfast geschieht ereignisreich.
Nachdem wir am Nachmittag den Crinan verlassen haben verlässt uns schon wenige Stunden später der Wind, immer Winder lassen wir zwischendurch den Diesel an.
In meiner Wache, es war gegen 23.30 Uhr, sehe ich ein Schiff voraus merkwürdige Kreise drehen.
Abwechseln erkenne ich die Positionslampen rot und grün, also backbord und Steuerbordseite.
Kurz darauf ertönt es aus dem Funkgerät auf Kanal 16:
“Sailingboat 3 miles east of lighthouse ……, this is warship ….., oder!”
1 min später wieder.
Michael wird wach als er das Wort “warship” hört, ich greife zum Fernglas und sehe drei grüne Toplichter im Dreieck angeordnet. Ein Minenräumboot der Marine im Einsatz! Schluck !!!!
Über Funk melden wir uns bei ihm und er gibt uns die Anweisung mind 1 sm abstand von ihm zu halten, da er unterwasser-Minenräumgerätee nachschleppt. Okay, machen wir doch gerne!
Danach, ich bin wieder alleine an Deck und dümpele in einer stundenlangen Flaute auf der Stelle herum, da höre ich ein Prusten neben mir. In wenigen Metern Abstand schaut mich eine Robbe aus dem Wasser an, taucht weiter zum Schiffsrumpf und taucht beim nächsten mal direkt vor meiner Nase an der Reling auf und schaut mich wieder neugierig mit großen Augen an. Abstand kaum mehr als 1,5 m.

Den Rest der acht müssen wir Motoren, da absolut kein Lüftchen weht. 15sm vor Belfast kommen wir in Nebel, Sichtweite vielleicht 150-200m. Wir hören Nebelhorne von vorbeifahrenden Schiffen, nach ein paar min erreichen uns ihre Bugwellen. Mit einem Mal taucht dirket vor uns ein entgegenkommender Segler auf. Gesehen habe ich ihn nur etwa 10 sei vorher. Etwas unheimlich !!
Wir beschließen über Funk bei Belfast Coastguard Radarunterstützung anzufordern. Sie verweisen uns direkt an unsere Marina Bangor am Südufer der Bucht von Belfast. Mit Radarunterstützung von Land aus könnten wir in den Hafen und an den großen Schiffen vorbei gelotst werden.
Bangor antwortet nicht, aber fast im gleichen Moment lichtet sich der Nebel und wir haben wieder verhältnismäßig klare Sicht. War schon etwas beunruhigend, wenn man die “Großen” hören, aber nicht sehen kann. Auch wenn wir mit unserem Radarreflektor gut auf ihren Schirmen zu sehen sein sollten.
Diesen haben wir extra am Tag zuvor zusammengebaut. Ausserdem hatten wir noch eine verstopfte Bilgenpumpe freigemacht. Seit dem ersten Tag haben wir Probleme mit unserer Verbraucherbatterie, die einfach nicht geladen wird. Haben das genaue Problem noch nicht gefunden, ab und zu wird sie geladen, bringt aber einfach keine Spannung. Nun wurden noch mal unterwegs alle Kabel kontrolliert und siehe da, bei Ankunft fast volle Batterie.
Das Malheur was beim Einfahren in die Box allerdings passiert ist, das Michael nach dem Aufstoppen weder Vorwärts noch Rückwärtsschub hat, obwohl der Motor dreht. Zum Glück sind wir mit dem Nug soweit am Steg dass ich überspringen kann und mit Hilfe eines Stegnachbarn das Boot per Hand in die Box verholen kann. Wer weiss wie das ausgegangen wäre wenn das in der Hafeneinfahrt passiert wäre.
Nach einem Blick auf die Wellenanlage sehen wir, dass die Welle komplett aus der Kupplung nach hinten Richtung Ruder gerutscht ist. Und das bei einer neuen Maschine mit rund 100 Betriebsstunden. Wir verständigen einen Mechaniker, der schon bald mit einem Gehilfen kommt und in diesem Moment kopfüber in der Backskiste hängt und mit Ihm an dem Problem arbeitet. Hoffen wir das Beste.
Wir machen bis zum Benachrichtigen der Mechaniker einen Spaziergang durch Bangor, einem Vorort von Belfast. Viel Trubel hier, es ist Kirmes. Wir essen Fisch & Chips und kehren zurück zum Boot.

Belfast, Bangor-Marina, 09.07.08 17:40 Uhr



Törnbericht Nr 7

Belfast - Dublin



Die Mechaniker bekommen das Problem zum Glück in den Griff. Nach Ca 3 Stunden bezahlen wir für die Zwei inkl. Anfahrt 150 Pfund. Ist ziemlich günstig.
Die Funktion der reparierten Welle/Kupplung wird noch am Steg mit “auf den Tisch” gelegtem Hebel vor- und zurück getestet. Hält !!
Am nächsten Morgen dann eine neue Überraschung: die Bodenbretter im Schiff stehen 3cm unter Wasser. Sofort denken wir an die Welle und dass die Dichtung etwas abbekommen haben muss. Doch schnell wird die Seewassertoilette als Übeltäter entlarvt. Der Hebel stand nicht auf “close” und so lief die Toilette über und und Boot voll. Noch in Unterbuxe gehe ich ins Cockpit und pumpe mit der Lenzpumpe ca 15min lang bis alles raus ist. Um das Boot wieder trocken zu bekommen lassen wir tagsüber den kleinen Heizlüfter auf kleiner Stufe laufen.

Mit North Ireland Railways fahren wir morgens in ca 25min in die City von Belfast. 14 Pfund für das “Day Saver Return Ticket” Anders als bei uns kommt man hier erst ans Bahngleis wenn der Zug kommt. Ausserdem ist die komplette Bahntrasse mit 3m hohen Zäunen umgeben. Kein Zugang auf der ganzen Strecke.
Nach 2-3 Stunden herumlaufen stellen wir fest, das Belfast touristisch außer ein paar Kirchen und Denkmälern nicht viel zu bieten hat. Dafür Kilometerweit Shopping, Fressbuden und Pubs. Unglaublich! Wie wir schon vorher festgestellt haben geht so ziemlich jeder Brite mittags in den Pub essen und ein Pint trinken. Der Bauarbeiter neben den feinen Herren in Nadelstreifenanzug. In jeden Pub gibt es ab 12 Uhr Lunch, und das relativ günstig und gut.
Nachdem wir selber 3 sehr gemütliche und schöne Pubs getestet haben machen wir uns auf die Heimfahrt. Das Boot schwimmt noch, wir gehen abends noch in einen Pub in Bangor wo es Life-Musik gibt.

Den nächsten Tag lassen wir gemütlich angehen. Spülen, Boot aufräumen, Wasser, Diesel und Benzin für Generator und Aussenborder tanken, dann geht es raus. Die Wettervorhersage wird praktischerweise ständig über eine Laufschrift am Gebäude des Marinabüros angezeigt, es soll NW-N 5-6, Böen 7 geben.
Gegen 16 Uhr sind wir draußen und setzen die Segel. Kurz danach ein Reff ins Groß und wir gehen um die Huk auf Raumwindkurs. Eine Halse und wir fahren vorerst Süd, später ca 205 Grad direkt auf Dublin. 85 Meilen sind es etwa, wir rechnen mit Ankunft am Morgen zwischen 8-10 Uhr.
Ab 21 Uhr habe ich Wache und wir segeln an der Nordirischen Küste hinunter. Die Lichter der Orte und Städte gehen an und bei der ersten Dunkelheit ist bereits der erleuchtete Himmel von Dublin zu erkennen. Dabei sind es noch 55 Meilen, also 100 km !!
Viel zu tun gibt es nicht, außer ab und zu Kurskontrolle auf dem Kartenplotter und justieren der Windfahne, die wir “Gustav” getauft haben. Unterwegs wird die britische Gastlandflagge gegen die irische getauscht (ja, Nordirland und Republik Irland ist ein Unterschied ) Und in Dublin gilt wieder der Euro!
Um 00 Uhr ist Wechsel, dann wieder um 03.00 Uhr und um 06.00. Als ich gegen halb 8 aus der Koje krieche sind wir bereits wenige Meilen vor der Hafeneinfahrt, es findet reger Fährverkehr statt.
Uns kommt die “Ulysses” entgegen, die größte Fähre weltweit. So hieß es zumindest in dem Bericht von N24, den ich schon mehrere Male gesehen habe.
Bei der Einfahrt in den Hafen von Dun Laoghaire (keine Ahnung wie man das ausspricht) muss man auf ein- und auslaufende Fähren achten und ggf. das Fahrwasser freihalten. Um kurz nach 9 machen wir an der Aussenseite eines Schwimmsteges der riesigen Marina fest. Ich gehe uns anmelden. Alles ist gesichert wie Fort Knox. Kein Zugang zu irgendeinem Hafen ohne Pincode oder wie hier, meinem Fingerabdruck. Kein Scherz !!! An dem Eingangstor ist ein Fingerprintsensor über den ich nun Zugang habe. Was kommt als nächstes? DNA Probe? Urin abgeben? Den Strom bekomme ich über eine Prepaidkarte, die ich am Steg in den Anschlusskasten stecken muss. 10kw 3,50 Euro.
Im Supermarkt wollen wir etwas Bier nachbunkern. Bei den Preisen wird uns schwindelig:
Eine Dose 0,5l zw 1,50 und 2 Euro !! Eine Flasche 1l Gordons Dry Gin kostet satte 31 Euro!!
Wir haben im Zollfrei-Einkauf in Belgien 8,50 bezahlt.

Was mir an GB aufgefallen ist, überall ist sehr freundliches und hilfsbereites Personal. Sei es an den Schleusen, Brücken, in Hafenbüros oder sonst wo. Überall sind Warnhinweise, beispielsweise wird an jedem 2ten Wasserhahn oder Dusche vor heissem Wasser gewarnt und auf Stegen vor Rutschgefahr bei Nässe. Auch die Leute grüßen einen fast überall, im Pub werden wir oft angesprochen und gefragt wo wir herkommen, wohin usw.

Abends gehen wir ins “Harveys” , einer Bar mit angeschlossenem Hotel. Wir lernen Rita kennen, sie ist mit ihrem Freund, ihrem Sohn Cris und dessen “Partner” dort. Dass sie damit meint das es sein fester Freund ist begreife ich erst später. Sie kann “auk ein bissen doitsh”. Ihr Freund,ich nenne ihn jetzt Mal “Mark” ( Namen hab ich vergessen ), spendiert uns sofort ein Bier als er von unserer Reise hört. Beide wollen unbedingt Details erfahren und Mark schafft das Bier schneller heran als wir trinken können. Rita will unbedingt und um jeden Preis unser Boot sehen am nächsten Tag, allerdings ert um 14 Uhr. Da werden wir in Dublin City sein erklären wir ihr, doch sie beharrt starrköpfig und stur auf 14 Uhr. Als ihr Freund schlichten will und ihr erklärt dass wir extra mit dem Boot von Deutschland nach Dublin gekommen sind fallen ihr Sachen wie “fuck off” und “i´m sooo pissed off” aus dem Mund.
Schliesslich einigen wir uns, damit Ruhe ist, auf 10 Uhr morgens. Danach verdrücken wir uns weil uns Rita ein bisschen zu lästig wird. Keine Ahnung ob sie da waren, wir jedenfalls nicht. Haben bis kurz vor 10 gepennt.

Gegen 11 Uhr fahren wir mit der Dart-Bahn ca 20min in die City. Wir machen eine Bus-Rundfahrt, die nach dem “Hopp-on, hopp-off” Prinzip funktioniert. Die Busse fahren ähnlich einem Linienbus eine feste Route, man kann an 20 stellen aussteigen und in den nächsten irgendwann wieder einsteigen.
Auf der route liegt die Guinnes-Brauerei, die wir natürlich besichtigen. Also eigentlich besichtigen wir nur einen alten, stillgelegten Teil der Brauerei, der zu einem Art Museum mit vielen Informationen rund um die Herstellung und der Geschichte des schwarzen Gerstensaftes. Auf 26 Hektar Gelände werden täglich 3 Millionen Pints ( à 0,568 Liter ) gebraut.
In der obersten Etage, der Gravity Lounge, bekommt man ein Pint kostenlos und kann einen tollen 360° Blick über Dublin werfen. Zwei Etagen tiefer in der regulären Bar trinken wir ein zweites. Der Wirt ist ein Genie und zaubert durch eine speziele Zapfweise das Muster des “Shamrock” Kleeblattes auf den Schaum. Sieht klasse aus, Foto folgt später! Dublin gefällt uns, es hat mehr Flair als Belfast und schöne alte Wohngegenden.
Danach machen wir uns aus den Heimweg und relaxen nun bei herrlichstem Wetter im Cockpit. Vor 10 min ist ein Seehund in 20m Entfernung durch Hafenbecken geschwommen.
Mit dem Wetter muss ich sagen hatten wir bisher sehr viel Glück. Kaum Regen! Allerdings wird es selten über 20 Grad, der heutige Tag ist da schon eine Ausnahme.
Nachts gehen die Temperaturen teils auf 12 Grad zurück. Morgen Mittag soll unsere Reise weitergehen zu den Scilly Islands, die 205 Seemeilen von hier am äussersten südwestlichen Zipfel von England liegen. Sollen sehr schön sein, man liegt dort ausschließlich vor Mooringbojen oder Anker und fährt mit dem Dhingy an Land. Wir rechnen mit 40 Stunden Fahrtzeit, also werden zwei Nächte dabei sein.




Törnbericht Nr 8 Dublin - Falmouth ( 250 sm )


“Die Gentlemen werden gebeten, vor dem Betreten der Bar ihre Waffen zu entladen” ( Spruch auf einem Messingschild in einem Pub in Belfast )




Flaute, Nebel, Whalewatching, Alarme……




Schon kurz nach Verlassen von Dublin verlässt uns der Wind. Die Vorhersage lautet auf W 3-4, später NW 3-4. 8 Stunden lang Motoren wir zusätzlich zu den stehenden Segeln, bis es gegen 22.00 wieder etwas aufbrist, etwa 4 Windstärken aus SSW. Aus unseren nötigen 185 Grad Richtung Scillys werden am Anfang erstmal nur 150 Grad. Egal, wir hoffen auf die Winddrehung auf West.
Nachts um kurz vor 1 Uhr, ich liege noch in der Koje, geht der DSC-Alarm des Funkgerätes mit einem ohrenbetäubenden Lärm los. Das ist der digitale Selektivruf, der von jeder Funkstelle im Notfall per Knopfdruck ausgelöst werden kann und dafür sorgt dass bei jeder anderen Funkstelle in bis zu 50sm Entfernung dieser wirklich nicht zu überhörende Alarm ausgelöst wird. Gleichzeitig können digital Informationen zu Art des Notfalls, Position und Rufzeichen der anderen Funkstelle übertragen werden.
Dieses Mal ist es allerdings Holyhead Coastguard, die sich gleich darauf per Sprechfunk meldet und mitteilt, dass im Bereich Lands End rote Signalraketen gesichtet wurden und ob irgendjemand dazu Angaben machen kann. Eine Stunde später heben sie den Notfall auf, was dort los wahr erfahren wir nicht. Lands End liegt noch über 50 sm von uns weg, wir werden es erst am nächsten Morgen erreichen.
Der Rest der Nacht verläuft ruhig, es ist mild, die Schiffsbewegungen sind angenehm und unser Gustav steuert das Boot.
Am Morgen, grade hatten wir einen schönen Sonnenaufgang, kommt wie aus dem Nichts Nebel auf. Innerhalb von nichtmal 2-3 min sinkt die Sichtweite auf maximal 500m. So eine Sch…… Ich hasse Nebel! Man sieht nichts um sich herum und hofft, dass man von den anderen, grösseren Schiffen gesehen wird. Kurz darauf gebe ich zur Vorsicht eine Sicherheitsmeldung per Sprechfunk an die umliegende Schifffahrt durch. Das klingt dann folgendermaßen:
“Securité, securité, securité. All Ships, all Ships, all Ships. This is sailing boat White Saracen, white saracen, white saracen. Our Position is five two degrees three one minutes North, zero zero five degrees four one minutes west. Navigating in bad visibility. All ships please keep sharp lookout on your radar. Over"
Als wir eine halbe Stunde später das Nebelhorn eines Schiffes hören wiederhole ich die Meldung.
Als ob die Meldung direkt nach oben gegangen wäre tut sich plötzlich vor uns ein blaues Tor auf. Innerhalb von 10 Minuten ist der Spuk vorbei und wir haben wieder klare Sicht. Darauf ein Nebel-Bier!!
Im Laufe des Tages kommt bei strahlendem Sonnenschein mit wenigen Wolken mehr Wind auf und wir kommen allmählich in die längere Dünung des offenen Atlantiks. Wellenhöhe 2-3 Meter, aber im Gegensatz zur Ostsee beträgt der Abstand dazwischen nicht nur 10m sondern etwa 30-50m. Trotzdem wird es recht nass. Das Fenster über meiner Koje auf der Steuerbordseite war nie ganz dicht, aber da wir im ersten Teil des Törns immer auf Steuerbordbug gesegelt sind kam dort nie viel Wasser an. Nun segeln wir meistens auf Backbordbug, und meine Koje verwandelt sich in eine Tropfsteinhöhle.
Ich ziehe um in die Bugkoje, in der wir normalerweise unsere Taschen stauen.

Wen man wärend des segelns bei mehr Wind und Welle schläft ist das im Boot eine recht laute Angelegenheit. alle Geräusche verstärken sich in dem großen Resonanzkörper Schiff. Ein Knarzen, knacken, quitschen, und rauschen. Aber man gewöhnt sich daran. Bei meinem ersten Nickerchen in der Bugkoje verändern sich die Geräusche und Schiffsbewegungen. Da man hier mit dem Ohr fast direkt an der Bordwand schläft hört man ein rauschen und gluckern des Wassers. Ausserdem wird man beim hinabstürzen in ein Wellental immer ein Stück mit angehoben, um danach mit einem lauten Krachen wieder in die Koje gedrückt zuwerden. danach ergießt sich ein Schwall Wasser über das deck, dass dann an den Fenster ( zum Glück aussen ) herunterläuft. Klingt nach Windstärke 8-9, wenn man aber nun an Deck kommt ist die Welt in Ordnung, schönes segeln und man hört nur leichtes rauschen des Wassers und Pfeifen des Windes.
Das Umziehen oder Kochen bei solchen Bedingungen gerät immer zu einem akrobatisch-sportlichen Akt. Der kardanisch aufgehängte Herd schwankt bis zu 45 Grad vor und zurück, trotzdem keine ganz einfache Sache dass das Essen oder das Wasser IM Topf bleibt.

Die Scillys, so warnt das Handbuch, sollten nur bei mäßigen bis schwachen Windbedingungen angelaufen werden. Auch zwei unserer Stegnachbarn in Dublin warnen uns davor bei auffrischendem Wind sofort bereit zu sein das Boot zu verholen bzw die Inseln besser gar nicht erst anzulaufen.
Da die WIndvorhersagen in den letzten Tagen oft nicht stimmten was die Stärke angeht, meist war es mehr Wind, teils auch zuwenig bis gar kein Wind, entschliessen wir uns die Scillys auszulassen und um Lands End herumzusegeln um einen Hafen im englischen Kanal anzulaufen.

Unser holländischer Nachbar erzählte uns auch von Begegnungen mit Walen. Grade erzählen wir davon, als eine große Gruppe grau-brauner Tümmler von der Seite auf uns zuhält. Wir schätzen mindestens 15-20 Tiere, sie springen dabei mindestens einen Meter aus dem Wasser, anschliessend begleiten sie unser Boot in kaum 1-2 Metern Entfernung. Plötzlich sehen wir wie ein größerer Wal in ca 50m Entfernung senkrecht aus dem Wasser schießt und sich rücklings wieder zurückfallen lässt. Irre!!! Keine Ahnung was das für ein Wal war, aber bestimmt nicht unter 10-15m lang.

Am Morgen runden wir die Südwestspitze England zwischen Lands End und den Scillys und gehen auf Ostkurs. Von den Temperaturen ist es an dem Tag wie am Mittelmeer, T-Shirt und kurze Hose. Who needs the Med?? Hier macht sich scheinbar der wärmere Golfstrom bemerkbar.
Wir entscheiden uns für Falmouth, etwa 30sm von Lands End aus. Alle Häfen vorher haben gezeitenbedingt Beschränkungen, so dass sie nur zu bestimmten Zeiten vor und nach Hochwasser angelaufen werden können.

Direkt vor der Stadt auf dem River Fal machen wir an dem letzten freien Stegplatz längs fest, es ist 17 Uhr. Wir gehen uns anmelden, bekommen Duschkarte und den Accesscode vom Eingangstor zum Hafen. Das Mädel im Office schaut uns etwas fragend an als wir mit den in Nordirland gezogenen Baknoten bezahlen wollen. North Ireland Bank steht darauf, und sie ist sich nicht sicher ob sie die annehmen kann. Hallo? Das sind trotz allem britische Pfund Sterling. Wie wir im Supermarkt und im Pub danach feststellen scheinen die anderen kein Problem damit zu haben.
Abends machen wir unseren Grill auf dem Steg an und machen uns eine Auswahl von gewürzten Hähnchenteilen. Köstlich!! Der Abend endet relativ früh, Micha geht noch auf ein Bier ins Pub und ich in die Koje. Mehr als 10 Stunden schlafen wir jeder. Nachholbedarf von 2 Nächten!

Heute morgen habe ich erstmal eine Kanne richtigen Filterkaffee gemacht, unterwegs trinken wir nur den löslichen. Danach habe ich mal alle nassgewordenen Bücher aus dem Schapp über meiner Koje zum trocknen ins Cockpit geholt, hoffe die sind noch zu retten. Mein MP3 Player dagegen ist wahrscheinlich ersoffen, ich habe ihn aus einer Pfütze in dem Schapp geangelt als das Seewasser bereits zur Hälfte im Display stand. Nicht so schlimm, Hauptsache ich habe die MP3´s mehrfach gesichert auf Laptop, USB Stick und in meinem Online-Storage von GMX.
Gleich wird das Boot erstmal einer Süßwasserdusche unterzogen, überall wo man hinfasst klebt Salz.
Auch das Ölzeug zeigt deutliche Ränder und wird irgendwann zu hause unter der Dusche entsalzt.


Falmouth, 17.07.08 11.50 Uhr UT






Törnbericht Nr. 9


Falmouth - Dartmouth - Torquai




Man sollte meinen es gibt mal einen Törnbericht wo es nichts aussergewöhnliches zu berichten gibt.
Ok, Dartmouth - Torquai verlief ohne irgenwelche Zwischenfälle. Nein, stimmt so auch nicht ganz. aber mal der Reihe nach:
In Falmouth bleiben wir zwei Nächte. Nicht weil der Ort besonders reizvoll wäre, nein, die Erholung und ein bisschen Nichtstun nach dem langen Schlag von Dublin tun einfach gut.
Dort besorgen wir eine neue Leine für das Einleinen-Reffsystem. die Leinenführung ist etwas unglücklich geplan vom Riggbauer, sodass nach nur 2 Reffvorgängen die Leine durchgescheuert und fast durchgerissen ist. Wir besorgen zusätzlich zwei Umlenkrollen, um den alten, scharfkantigen Ring zu umgehen. Ausserdem holen wir eine neue Kartusche Sikaflex 291 Silikon, um endlich die Fenster dicht zu kriegen. Wie sich später herausstellt mit Erfolg. Diese Besorgungen und Arbeiten plus einmal lange Ausschlafen nehmen schon fast den ganzen Tag in Anspruch.
Am folgenden Tag gehen wir wieder nachmittags raus um die nacht durch nach Dartmouth zu fahren, ca 75sm entfernt. Nachts, gegen halb 12, Micha hat kurz zuvor die Wache übernommen, kriegt er zum zweiten mal durch den achterlichen Wind und zunehmende Welle den Baum gegen den Schädel.
Kurz zuvor hatten wir noch einen Bullenstander gesetzt, also eine Leine die genau das verhindern soll. Da wir aber immer etwas vor dem Wind kreuzen muss die Leine vor der nächsten Halse gelöst werden, dann der Baum dichtgeholt und zur anderen Seite geschiftet werden und wieder festgesetzt werden.
Die Halse gelingt, aber vor dem erneuten festsetzen des Bullenstanders kommt der Baum mit Wucht über und haut Micha gegen die Rübe. die Folgen sind eine erneute kleine Platzwunde, eine riesige, taubeneigroße Beule am Kopf, ein Veilchen, ein schmerzender Arm und ein paar geprellte Rippen.
Ausser der Wunde stammen die Verletzungen durch den Aufprall auf die Winsch und den Süllrand vom Cockpit.
Ich komme dazu und übernehme für den Rest der Nacht das Ruder, Micha geht mit leichtem Schock und fröstelnd in seine Koje.

Dartmouth ist ein wirklich schöner Ort am River Dart. Wir erreichen ihn gegen 5 Uhr morgens , fahren ihn ein Stück hinauf und kommen in den Ortskern, der zu beiden Seiten des Ufers gelegen ist. sehr idyllisch, viele bunt gepinselte Häuser an den Ufern und viele viele Boote, verteilt auf 3 Marinas und zahllose Moorings. Es ist kein Mensch zu sehen, was sich ab dem Vormittag durch große Besucherströme von Touristen, ändert. Wir finden noch einen Längs-Liegeplatz in der sehr exklusiven und bisher teuersten Dart-Marina. 52 Pfund zahlen wir inkl Strom. Direkt davor befindet sich ein Hotel in dem an dem Wochenende eine große Hochzeit stattfindet. das gesamte Hotel plus die danebenstehende Bar sind dafür reserviert. Teure Autos stehen davor, wir an unserem Liegeplatz sind umgeben von großen, hochglanzpolierten Luxus-Motoryachten.
Davor haben wir einen schönen Ausblick auf den Fluß. Wir machen gegen 6.00 Uhr fest, trinken noch ein Einlauf-Bier und legen uns schlafen.
Mittags sind wir wieder unterwegs zum nächsten Ship-Shop. Bei dem Missgeschickt von letzter Nacht ist ein Umlenkblock vom Großschot-Traveller zerfetzt, ausserdem ist nach 2,5 Wochen Dauereinsatz die Steuerleine der Windfahne durchgescheuert. Schon merkwürdig. Wir unterhalten uns grade darüber wie gut die Leine hält, und nichtmal eine Minute später ist sie durch und das Boot läuft aus dem Kurs.
So fahren wir mit der Personenfähre für 1 Pfund pro Person zum anderen Ufer zum Shop, zurück nehmen wir eine der beiden Schaufelrad-getriebenden Seilfähren. Abends gehen wir im Cherub essen, Lachs als Vorspeise und Lammkeule als Hauptgang, dazu eine Flasche Rotwein. Micha läd mich ein weil ich für ihn die Nacht eingesprungen bin.
Unser nächster Hafen liegt gerade Mal 7 sm Luftlinie nordöstlich entfernt. Durch die Ausfahrt aus dem Fluß und die anschließende Aufkreuzerei gegen den Wind werden daraus ca 20-25 sm. Ein schöner Segeltag, herrliches Wetter und moderater Wind. Um 17 Uhr machen wir wir in der riesigen Marina von Torquai fest. Anmelden, einkaufen, Pubbesuch und anschliessend essen gehen.
Heute geht es früh in die Koje, morgen stehen wir um 2 Uhr auf und segeln nach Cherbourg in Frankreich, ca 80 sm. Planen das so um bei Tageslicht anzukommen. Die letzten englischen Pfund sind ausgegeben, wir werden fortan nur noch auf französischer Seite segeln. 250 Meilen wäre es auf direktem Wege zurück nach Nieuwpoort.

Torquai, 20.07.08 20.21 Uhr





Törnbericht Nr. 10

Torquai - Fécamp ( 190 sm )


Auf dem kurzen Stück nach Torquai war lebhaftes Treiben auf UKW Not- und Anrufkanal 16.
Erst macht sich jemand einen Spass und spricht 2x "Mayday" in sein Funkgerät. Brixham Coastguard muss darauf reagieren und gibt eine Dringlichkeitsmeldung heraus an alle Schiffe in der Nähe.
Derjenige konnte nämlich gepeilt werden, und so weiss man, dass er auf Grad Peilung von der Funkstation sein muß. Kurze zeit danach gibt Portland Coastguard einen DSC Alarm der mal wieder unser Funkgerätz Alarm schlagen lässt. Ein Jetskifahrer wird vermisst. Wieder kurz darauf ein erneuter Alarmruf dass ein Motorboot manövrierunfähig auf die Küste zutreibt. Die ganze Aktion erleben wir life mit. Letztendlich wird der Madyruf gecancelt, der Motorlose von einem Fischer eingeschleppt und der Jetskifahrer gefunden und abgeborgen. Reges Treiben hier. Zwischendurch immer wieder Anfragen über das Wetter oder ein Funkgerättest über 16.
Kennt man als Ostseesegler gar nicht. Dort hört man bestenfalls Wetterberichte der dänischen Küstenwache oder vom deutschen DP07.

Gegen halb 3 Uhr morgens verlassen wir Torquai mit Ziel Cherbourg in der Normandie.
Als wir am Abend noch 25 Meilen vor Cherbourg stehen und wir den Strom entlang der Küste mit vollen 3-4 kn abbekommen entschließen wir uns dafür Cherbourg ausfallen zu lassen und weiter Richtung Ost nach Fécant zu gehen. Wir wären sonst erst spät im Hafen und müssten am nächsten Morgen wieder früh raus. Wir sehen bereits Cap de la Hague und die Insel Alderney. Durch diese Meerenge erreicht der Strom im Ärmelkanal mit bis zu 10kn seine höchste Geschwindigkeit.
Fécant ist nochmal ca 90 sm weiter und wir erreichen es am nächsten Tag nach der erneuten Zeitumstellung um halb 12. Wetter traumhaft, Küste steil und schön, Wasser flaschengrün leuchtend. Der Ort sehr schön und belebt, eine nette Hafenmeisterin kommt uns nach dem 32 Stundentörn sofort begrüßen und wir gehen in die Stadt. Der Ort, die Landschaft und das Wetter könnten so exakt am Mittelmeer sein. Wir essen in einem Strassencafé ausgezeichnete Muscheln in Roquefort, dazu eine Flasche eiskalter Cidre. Lecker, lecker....!!!!! Wir beschliessen für heute abend ein richtiges, mehrgängiges Fischmenü einzuverleiben. Die Preise dafür sind hier sehr moderat.
Unsere nächsten Ziele liegen nicht mehr ganz so weit. Dieppe, Boulogne und letztendlich wieder Nieuwpoort, wo sich unser Kielwasser nach 4 Wochen und etwa 1600 sm wieder kreuzen wird. Bis Nieuwpoort noch etwa 120 sm.


Fécant, 22.07.08 14.25 Uhr







Törnbericht Nr. 10

Fécant - Dieppe - Boulogne - Nieuwpoort ( 35sm, 55sm, 65sm )



Die letzte Etappe an der französischen Küste entlang gibt seglerisch für uns nicht viel her. Meistens haben wir Flaute oder Schwachwind von vorne. Was viel Motoren für uns bedeutet, mit ein paar wenigen Stunden Segeln dazwischen. Das Wetter wird beeinflußt durch ein umfangreiches Hochdruckgebiet über Großbritannien und der Nordsee, was uns auch weiterhin Hochsommerwetter beschert. In Dieppe gehen wir abends eine "Plat des Fruits de Mer" verspeisen.
Wir bekommen eine riesige, metallene Schüssel hingestellt, in der auf Eis sämliches Krusten- und Schalengetier drappiert ist was so auf dem Meeregrund kreucht und fleucht
Ein Anblick für die Postkarte! Leider habe ich keine Kamera dabei.
Wir bekommen Austern, Riesengarnelen, Langusten, einen Taschenkrebs, große und kleine Schnecken sovie verschiedene andere Muscheln serviert. Dazu verschiedene Werkzeuge wie kleinen und großen Pieksern und Gabeln, Mini-Löffeln und einem Nußknacker für die Krebsscheren. Mjam !!!

In Boulogne sur Mer wird es voll. Zuerst müssen wir vor der Hafeneinfahrt warten, weil uns dort 3 Rote Ampeln signalisieren dass die Einfahrt für uns vorrübergehend gesperrt ist, bis ein größerer Fischer durchgefahren ist. Innerhalb von 10 Minuten versammeln sich 14 Yachten vor der Einfahrt.
als wir endlich hineindürfen ist der kleine Gasthafen bereits rappelvoll und wir gehen als 6tes Boot längsseits ins Päckchen. Das bedeutet auch dass wir über die anderen 5 Yachten hinübersteigen müssen wenn wir an Land wollen. Das machen wir auch genau 2 Mal. Zuerst zum Anmelden, einkaufen und Essen gehen, und zum zweiten Mal morgens früh um 4 als ich die Duschkarte zurück in den Kasten werfe. Die Fischer gehen bereits einer nach dem anderen raus, und auch mehrere andere Yachties machen sich bereit und laufen aus. Beim Ablegen um halb 5 kommen uns so gleich mehrere yachten in die Quere die mit Volldampf aus der Boxengasse fahren.
Das ist Gezeitensegeln. Man richtet sich voll uns ganz nach den Strömungen die die Küste entlang Richtuig Ost und West setzt um den günstigsten Strom zu erwischen der einen in die gewünschte Richtung versetzt. Dadurch werden wir die ersten 2 Stunden Richtung Cap Gris-Nez mit zusätzlichen 3kn Strom auf Durchschnittsgeschwindigkeiten von 9,5 kn über Grund gebracht.
Kurz dahinter passieren wir Calais, wo stets reger Fährverkehr herrscht. Alle 10min läuft eine der Englandfähren ein- oder aus.

Um Punkt 14.15 Uhr stehen wir wieder in der Hafeneinfahrt von Nieuwpoort.
Ein erhebendes Gefühl!! Ich setze alle Gastlandflaggen der besuchten Länder übereinander unter der Steuerbordsaling und wir köpfen eine Flasche kühlen Sekt, den wir extra noch in Boulogne besorgt haben. Es ist geschafft !!! Wir prosten an und jubeln den Menschen an den äusseren Seebrücken zu !!!

Exakt 27 Tage, 22 Stunden und 45 Minuten haben wir gebraucht.
15 Häfen haben wir besucht in denen wir 16 Nächte verbracht haben.
12 Nächte sind wir komplett durchgesegelt.
Nach nochmaligem Zusammenrechnen aller Einzeldistanzen kommen wir auf 1700 Seemeilen, das sind gut 3150 km.
Von den 28 Tagen haben wir etwa 13 Tage auf See verbracht, das sind also über 40% der Zeit.
160 Motorstunden zeigt der Zähler, viele davon allerdings wurden auf den Kanälen und in den Schleusen gemacht. Dabei haben wir in etwa 250 Liter Diesel verbraucht.
Im Caledonian- und Crinankanal haben wir 46 Schleusen und ca 18 Brücken passiert.

Die längsten Etappen waren:
Lowestoft - Peterhead ( 68 Stunden, 350 sm )
Dublin - Falmouth ( 42 Stunden, 250sm )
Torquai - Fécant ( 32 Stunden, 190 sm )
Peterhead - Inverness ( 20 Stunden, 120 sm )
Niewpoort - Lowestoft ( 14 Stunden, 100 sm )
und die Etappen Ardrishaig - Belfast - Dublin und Falmouth - Dartmouth mit jeweils ca 85 sm.

Es war kein besonders erholsamer Törn durch die teilweise langen Etappen, aber dafür eine unvergessliche Reise mit vielen Erlebnissen und Eindrücken.
Jedes einzelne Revier ist eine mehrwöchige Reise wert ( ausser Irland, viieel zu teuer ).
Besonders hat mich der englische Kanal überrascht. Ein wirklich schönes Revier mit vielen sehr schönen Ecken und Häfen. Eingeschränkt ist man dort allerdings nur durch die Gezeiten und die vielen, nur zu Hochwasser zugänglichen oder gar trockenfallenden Häfen. Wir konnten uns durch die langen Etappen auf die jederzeit-zugänglichen Häfen beschränken.
Der berüchtigte starke Schiffsverkehr findet fast ausschliesslich auf den wenige Meilen breiten Verkehrstrennungsgebieten und vor den großen Häfen statt.
Unheimlich geholfen hat uns der Kartenplotter von Standart Horizon, der zusätzlich die aktuellen Stromstärken und Gezeiten anzeigt. Papierkarten hatten wir natürlich auch an Bord ( Zusammen für etwa 600 Euro ), diese wurden aber quasi nicht benutzt.
Quasi Pflichtausrüstung sollte eine Funke sein, denn an vielen Häfen oder Schleusen muss man sich vorher mit den Behörden absprechen. Ausserdem empfehlenswert wäre Radar oder zumindest ein AIS-Empfänger, auf denen man die größeren Schiffe auch bei schlechter Sicht erkennen kann.

Danke nochmals für die vielen netten Rückmeldungen während der Reise.
Und Entschuldigung im Nachhinein für den ein- oder anderen Vertipper. Teils zustande gekommen durch die automatische Rechtschreibkorrektur ( hat viele, ihm nicht bekannte Worte einfach verdreht ), andererseits dadurch, dass ich bei schlechtem Licht auf meiner Koje, am Kartentisch oder auf der Cockpitbank schnell den Bericht in mein Notebook gehämmert habe.

Seit gestern bin ich nun wieder daheim in Köln und gewöhne mich an das Landleben und ein Bett dass größer als 1,95m mal 0,50m ist und nicht schwankt.


Viele Grüße
Nic
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