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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit!

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Alt 29.07.2003, 16:49
Segelwilly
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Durch Hollands Kanäle

Hi,
von Anfängern für Anfänger, die nicht die Weite der See suchen sondern einen erholsamen Urlaub auf dem Wasser. Vom Ruhrgebiet schnell erreichbar und gerade für Anfänger ein ideales Lerngebiet, gleichgültig ob unter Motor oder unter Segeln.


Also,
In der unendliche Weite der tosende See stehe ich mit eisernen, von Wind und Wetter zerfurchten aber stahlharten Fäusten das Steuer haltend auf meiner Brücke, den starren Blick auf einen fernen Horizont gerichtet am Ruder meiner Virus!

Hmm,...so würde ich gerne meine kleine Erzählung beginnen, doch das ginge ein klein wenig am tatsächlichem Geschehen vorbei....so beginne ich also daheim in der Nordstraße, was ja immerhin ein wenig nach Nordmeer oder Nordsee klingt.

Da ich noch immer ein Anfänger im maritimen Bereich bin, möchte ich anderen Anfängern ein wenig über Holland, das Ijsselmeer und seine Kanäle erzählen.

Nach zwei kleinen Motor und Segelbooten sind wir in diesem Jahr wieder bei einem Motorboot gelandet, einer alten Waterland, erbaut 1976 auf der Flevo-Werft in Holland bei Kampen. Sie besitzt zum besseren Geradeauslauf einen fast durchgehenden Kiel, ähnlich einem Segelboot, nur das er hier nicht als Ballast dient. An seinem Ende sitzen Schraube, (ein feiner, richtig schiffiger Bronzepropeller) und ein Ruderblatt.
Noch weiter hinten befindet sich eine Badeplattform, die zur Aufnahme des Angstmotors, einem 4 PS Seahorse, dient. Baden ist meiner Ansicht nach im Ijsselmeer nicht wirklich entspannend. (mit den Jockel lassen sich mühelos 2,5 knoten erreichen, mit entsprechendem Getöse schafft er 3,5 Knoten)
Im Inneren des Bootes befindet sich Mittschiffs der Antrieb, bestehend aus einem, von Watermoto in Holland marinisiertem Ford Motor mit 1100 ccm und 38 PS. Er hört auf den klangvollen Namen „Seawolf“, ist aber eher ein braver Zugesel ohne Sprinterqualitäten.
Dennoch schiebt er das Boot über dessen Rumpfgeschwindigkeit heraus auf bis zu 7,4 Knoten! Dies lässt auf einen Halbgleiterrumpf, der noch einige mehr-PS vertragen kann, schließen.
An die, für diese Bootsgröße sehr geräumige Pflicht schließt sich, einige Stufen tiefer, die ebenfalls äußerst geräumige Kajüte mit Spüle, Kocher, Schrank und Dinette Sitzgruppe an.
Vorn zwischen den Kojen hat ein Cactus-Potti seinen Platz. Normalerweise besitzt dieses Boot einen WC-Raum, den der Vorbesitzer aber in einen Schrank verwandelt hat, dies werde ich nach den Erfahrungen der Fahrt aber wieder ändern. Man fühlt sich hinter einer geschlossenen Tür doch irgendwie „geborgener“.
Das Cactus Potti, soviel vorweg, hat sich besser bewährt als die von uns bisher verwendeten Portas, da kein Wasser und somit keine schweren „Sachen“ in die entsprechende Entsorgung überführt werden mussten. Beim Cactus wirft man den „Bob“ in eine eingehängte Plastetüte, die mit entsprechendem Deckel versehen, in jedem Mülleimer entsorgt werden kann.

Meine Sorgen begannen schon in der heimischen Garageneinfahrt mit der Überlegung, wie sich dieses Monstrum, ( an Land wirken die Boote immer doppelt so groß wie nachher im Wasser ) wohl slippen lässt, auch wusste ich nicht, ob wirklich alles funktioniert, denn eine Probefahrt habe ich aus Zeitmangel nicht unternommen.
So sind wir also mit der Waterland hinter unserem alten Bulli in Richtung Lemmer aufgebrochen. Das Boot wegen der Zuglast nur mit den allennötigsten Dingen wie Kleidung und Geschirr beladen. Der Rest war im Bulli verstaut und sollte erst nach der Wasserung an Bord kommen.
Je näher wir der Rampe kamen, desto größer wurde meine Sorge, der einzige Trost war ein Freund, der die Tour mit seiner Frau ebenfalls, auf eigenem Boot, mitmachen wollte und in Lemmer bereitstand.
Dann war es soweit, nach einer fast endlosen Fummelei dreier Typen mit einem kleinen Gleiter waren wir an der Reihe, .......nach 5 Minuten war alles gegessen, Lampenträger und Spanngurte ab, langsam die Rampe runter und beim ersten Wasserkontakt meiner hinteren Stoßstange voll in die Eisen! Sanft schwamm das Boot auf und konnte von meiner Gattin und dem unterstützenden Freund sicher vertäut werden! Uff.......jetzt fing der Urlaub an!
Nun wurde das Boot zum Anleger neben das Freundboot, einer MacGregor 26X überführt und meine zweite Sorge, die Dichtigkeit und einwandfreie Funktion von Motor und Getriebe waren vom Tisch.
Nachdem alles weitere eingeladen und Wasser und Treibstofftanks gefüllt waren, passte auch die Wasserlinie, zufrieden gingen wir spät in der Nacht zur ersten Ruhe auf unserer „neuen“ Virus.
Am nächsten Morgen brachen wir gegen 10.00 in Richtung Urk auf, es ging über ein sonniges, windstilles und sehr langweiliges Ijsselmeer. So waren wir froh, einige Stunden später in Urk einlaufen zu können, entgegen der, von See aus malerischen Kulisse ist es aber ein eher kleines Dorf ohne (für die Damen) interessante Einkauf und Bummelstraße.
Wir lagen am äußeren Anleger, der sich alsbald füllte und die ersten Päckchen entstanden. Neben unsere Freunde legte sich zu deren Verdruss ein ekliger Lotterkahn, alles was aus Metall bestand war aufs schlimmste verrostet, die Farbe blätterte in großen Fladen vom Rumpf ab und die Fendertaue befanden sich im letzten Stadium der Zersetzung. Zudem interessierte es den Eigner dieser Müllhalde herzlich wenig, ob sein Eimer den makellosen Rumpf der MacGregor zerschrammt oder nicht. Erst als mein Freund unter den verständnislosen Blicken des Müllkutschers weitere, eigene Fender ausbrachte, war die Gefahr weitgehend gebannt.
(ich habe nichts gegen alte Boote, fahre ja selbst eines, doch so etwas hatte ich noch nicht gesehen)
Den zweiten Tag verbrachten wir auf Ijssel und Markermeer, wo lediglich der recht kräftige, fast achterliche Wind für Abwechslung sorgte, teilweise mussten wir wie ein Segler kreuzen um das rollen des Bootes ein wenig zu mildern, hier war unsere kleine Neptun22 des letzten Jahres deutlich ruhiger. Mit den Wellen erreichten wir teilweise über 8 Knoten Fahrt obwohl nur Drehzahl für ca. 5,5 Knoten anlag.
Die gefahrene Strecke von Urk nach Almere-Haven ist, jedenfalls unter Motor so ziemlich das ödeste was wir bis dahin gesehen hatten, es diente auch nur dem schnellen Erreichen der Randmeere. Erst ab Muiderhoek gabs wieder was zu sehen, der verkehr wurde dichter und das Land schöner.
So liefen wir am späten Nachmittag schließlich in den Yachthafen ein und hatten für diesen tag genug von Wellen, Wind und der sengenden Sonne. Fortan blieb das Verdeck immer drauf um wenigstens von oben einen Sonnenschutz zu haben.
Der Yachthafen ging in Ordnung, freundlich und sauber, der Ort an sich eher schmutzig und ungepflegt, obwohl recht neueren Baujahres.
Zum Einkaufen aber gut genug, Supermarkt, Bäcker, alles da. Nach der heißen Überfahrt konnte mich ein mittelgroßes Eis zum Preis von 5 Euro (!) auch nicht mehr aus der bahn werfen.
Huizen ließen wir am nächsten Tag an Steuerbord liegen und machten in Spakenburg fest, von dort gings über Zeewolde, (na ja) nach Harderwijk, (ganz nett).
Als nächstes ist mir Elburg in guter Erinnerung, wenn auch mit schmerzenden Füßen, muss ich doch zugeben, das es ein reizvolles Städtchen mit einer ausgedehnten Bummelmeile ist. (kleine Lädchen zum stöbern für die Damenwelt). Wir lagen am freien Anleger mit dem Boot auch recht gut.
Die nächste Station war Kampen, dort wollte meine Gattin unbedingt hin, hatte sie doch aus dem Auto heraus eine prima Einkaufsmeile entdeckt. Wir liefen in den ersten Yachthafen ein, der sich uns bot. Damit waren wir sehr gut untergebracht, klein, sauber, preiswert und ein sehr freundlicher Empfang, der unserer Ansicht nach beste Yachthafen bisher. Viel zu sehen war nicht, doch die Stadt nicht allzu fern und die Ruhe tat uns gut.
Für den folgenden Morgen war bei unseren Freunden „Mast legen“ angesagt, ging es doch in die oder den (?) Ganzen diep mit einer sehr niedrigen Schleuse an der Einfahrt. Durch Wissen und Felder fahrend gelangten wir so nach Zwartsluis, dort inspizierten wir zunächst alle Marinas um dann zur ersten auf dem Weg liegenden, gleich von Zwarte Water zu erreichenden zurück zu fahren. Auch hier neben einem günstigen Liegegeld ein zuvorkommender Hafenmeister, der uns eine Tüte mit diversem Infomaterial nebst einem Glas Cappuccino überreichte, nichts Weltbewegendes, doch eine nette Geste.
Der Ort als solcher gab nicht viel her, wenig zu laufen also ideal für einen Ruhetag!
Gut erholt machten wir als nächste Station in Giethorn an einem freien Anleger fest, der zum Giethorn Hotel-Yachthafen gehörte und schaukelten bei starkem Schiffsverkehr vor uns hin. Wenigstens gab es viele Schiffe zu sehen, ansonsten ist nur die Rundfahrt mit einem kleinen, von einem E-Motor angetriebenen Böötchen durch die engen, malerischen Kanäle zu empfehlen. Duschen fiel aufgrund der Entfernung vom Anleger zu den Örtlichkeiten aus.
Weiter gings über Steenwijk und Blokzijl, da kann nicht viel los gewesen sein, hab schon vergessen, wie es dort war in Richtung Ossenzijl. Die Fahrt dorthin führte uns durch wunderschöne Kanäle mit leider regem Bootsverkehr aber frei von Berufsschifffahrt.
In Ossenzijl lagen wir einige Stunden vor der Brücke und sahen dem regen Treiben auf dem Wasser mit großer Belustigung zu. Das hektische Treiben vor solchen Brücken mit starkem Bootsverkehr ist immer wieder schön anzusehen, man treibt halt so dahin wenn die Brücke dicht ist und bemüht sich verzweifelt, mit mehr oder weniger Erfolg, von den anderen Booten klar zu bleiben.......echt lustig wenn man nicht mitten drin steckt.
Am Nachmittag des Treibens überdrüssig geworden, beschlossen wir noch ein wenig weiter zu fahren und steuerten Oldemarkt an. Es schien zunächst vor einer komischen Brücke ohne Bedienung enden zu wollen als wir dann doch dahinter kamen, das man halt anlegen, aussteigen, die Brücke selbst heben und dann durchfahren muss. Nach Überwindung dieser Hürde landeten wir in einem kleinen Yachthafen, der uns zunächst wegen seiner mit Entenkot versetzten Stege etwas unselig vorkam, doch neben sauberen „Örtlichkeiten“ und Duschen fanden wir einen Hafenmeister vor, der uns eröffnete, das kein Liegegeld zu entrichten sei, lediglich über eine kleine Spende würde er sich freuen. (die bekam er natürlich sofort ausgehändigt)
Der Ort an sich besteht, soweit er uns interessierte aus einer langen Straße mit kleinen Geschäften, nix dolles aber doch einen Besuch Wert, zumal man ruhig und behütet dort liegt.
Dies war der vorletzte Tag unseres Urlaubs und am folgenden Morgen ging es in Richtung Tjeukemeer, Groote Brecken nach Lemmer zurück. Ich muss gestehen, die letzten Stunden dieses Urlaubs erfüllten mich mit etwas Wehmut, was sonst gar nicht meine art ist, im Grunde freue ich mich immer auf daheim, wir haben vor den Bootsurlauben nie einen Urlaub voll durchgehalten, immer wollte ich, zum Verdruss meiner Angetrauten, vorzeitig heim.
Je näher wir Lemmer und der verhassten Sliprampe kamen, desto unruhiger wurde ich, bekomme ich den Kahn wieder raus? Soll ich ihn lieber hierlassen und später auf dem Wasserweg überführen? Fragen über Fragen, für die meine Holde und auch unsere Freunde kein Verständnis hatten, kennen sie mich doch als eher furchtlosen Draufgänger was solche Aktionen betrifft.
Naja, wie auch immer, es klappte dank meiner Vorsorge, seitliche Führungsstangen und meiner kleinen Elektro – Winde dann doch vorzüglich, nach ca. 30 Minuten lag das Boot sicher vertäut auf dem Trailer und wir konnten die Heimreise antreten.
Wir waren, ich kann nur schätzen, weil ich nicht so richtig mitgeschrieben habe, ca. 110 Liter Benzin in 14 tagen verfeuert, was unterm Strich etwa 2-3 Litern pro Stunde entspricht.
Die Gedanken an einen Ostsee Törn haben wir erst einmal weit zurückgestellt und freuen uns auf das nächste Jahr in Holland und die Tour über Mosel und Rhein.
Natürlich bin ich wieder auf Bootssuche, eine Neptun 24-26 soll es diesmal sein, besonders böse bin ich aber nicht, wenn ich die Waterland nicht quitt werde, sie ist ein gut zu fahrendes, sparsames Raumwunder, so verzeiht man ihr das etwas altbackene, knubbelige Aussehen gern.

Gruß Willy
PS. ich hoffe, das die Kanäle so heißen, wie ich sie genannt habe, bitte entschuldigt die teilweise "schräge Rechtschreibung" ich habs mal in der letzten Stunde so niedergeschrieben, sonst wird das bei mir nie was....
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