Mann über Bord

[Kanalschwimmer]

Vor ein paar Tagen bin ich über Bord gegangen, also eher 'über Steg' - ein kleiner Fehler beim Festmachen, die Leine rutscht von der Klampe, kein Halt mehr und Platsch. Wasser kalt und die Leutchen in den Hafenkneipen drumherum sind sehr amüsiert. Warum schreibe ich diese peinliche Note?

Ich hatte saisonbedingt eine warme Unnerbux und eine Jogginghose an, ein Unterhemd, einen Pulli und einen Hoodie - alles aus Baumwolle. Socken, Handschuhe und eine Wollmütze. Alles hat sich sofort mit Wasser vollgesaugt! In den etwa 10 Sekunden, die ich zur Badeplattform gebraucht habe, hatte ich Angst, zu ertrinken. Schwimmen ist fast sofort kaum mehr möglich - und ich war früher Leistungsschwimmer! Das Gewicht der nassen Klamotten war so schwer, dass ich kaum die Badeleiter hochkam. Meine Frau und ich hatten noch 2h nach dem Vorfall unter dem Schock zu knapsen, ich saß bei 3°C nackt und zitternd auf dem Achterdeck. Ich denke, im Freiwasser wäre nach 30 Sekunden, spätestens einer Minute Feierabend gewesen.

Deshalb schreibe ich das! Ich werde künftig in Vor- und Nachsaison, wenn ich warm angezogen bin, auf Törn eine Rettungsweste tragen. Und nehmt das einfach mal als Tipp ...

[Lippi]

Danke für Deine Offeheit

Ich weiß, wie das ist leider, im Wasser plötzlich Todesangst zu haben
In kritischen Situationen oder wenn ich einhand unterwegs bin und aufm Boot rumturnen muss, hab ich seit dem immer die Automatikweste an. Rutscht man mal aus, kommt es ja auch sehr leicht vor, dass man sich noch die Birne einhaut.

[billi]

auch von mir ein Danke

bei uns ist vor einigen Jahren der damalig Vorstand im Winter beim Arbeiten ins Hafenbecken gefallen und konnte sich nur mit Mühe retten (das nächste Boot mit Leiter war einige Boxen weg) die Kollegen konnten vom Steg aus nur Bedingt helfen da eine Nasse Person in Winterkleidung unmöglich aus dem Wasser zu bekommen ist......
das wurde zum Anlass genommen an jedem Steiger eine Notleiter zu installieren damit in einem solchen Fall das Aussteigen aus dem Waser in jeder Box gewährleistet ist.

ich Selbst bin auch schon bei glatten Verhältnissen auf dem Steg fast reingefallen und habe daher immer wenn das Boot im Wasser ist auch dort trockene Kleider deponiert um im Notfall Wechselkleidung zu haben.

[Jontom]

Ich fühle mit dir, dass ist mir auch schon mal passiert.
Zum Glück im Sommer, und ohne viel Klamotten.
Die Todesangst brauchte ich nicht zu haben.

Nun hoffe ich, dass du die Rettungsweste immer trägst, nicht nur vor und nach der Saison.

[Kanalschwimmer]

Zitat von Jontom

Nun hoffe ich, dass du die Rettungsweste immer trägst, nicht nur vor und nach der Saison.

Ich hoffe eher, dass andere das lesen, die vorher so sorglos waren wie ich ...

[blondini]

Hi!

Dann möchte ich hier mal die 1-10-1 Regel anpinnen:

1 Minute Kälteschock, 10 Minuten Zeit zum Handeln und dann noch eine Stunde Restlebenszeit bis zum Exitus, in der man gerettet werden kann.

Wichtig ist, die erste Minute zu überstehen und da ist eine Rettungsweste das A und O. Danke für diesen Beitrag des TO.

https://www.visiomare.de/die-1-10-1-regel-dein-lebensretter-im-kalten-wasser/

https://de.wikipedia.org/wiki/Ertrinken

Die Mehrheit ertrinkt im Abstand von wenigen Metern zum Boot.

[Federball]

Wobei ich mal gelernt habe, dass Wasser im Wasser nichts wiegt. Dicke Kleidung hindert klar am Schwimmen - eigene Erfahrungen: DLRG Training und unfreiwillig im November mit schwerer Verletzung über Bord gegangen - aber sie verhindert den Austausch mit ständig neuem kalten Wasser etwas : Prinzip Nasstauchanzug = also niemals die Sachen ausziehen!! Ich war ja richtig auf Tiefe - so gut 2m - und dachte ein paar Sekunden "das wars also", bis sich das Gehirn einschaltete hatte und mir klar wurde, dass ich ja noch Arme habe. Bin nach dem Auftauchen noch ca. 3m zu meiner Badeleiter geschwommen, habe sie runtergeklappt, mich festgehalten und um Hilfe gerufen, die dann auch kam. Die haben mich auf eine Plichtbank gelegt, und ich habe ihnen gesagt, wo Handtücher und trockene Sachen liegen = nackig gemacht, abgetrocknet + trockene Sachen an. Wasser und Luft um die +5°C, und keinerlei Kälteschock oder - gefühl. Das war 2010, und nach 2 OPs war alles ok.
So gesehen kann ich das Obige voll nachvollziehen, und wenn man alleine ist zur Weste raten!!
Grüße, Reinhard

[Akaija]

Ja, dazu kann ich auch was Schreiben.
Allerdings war es Sommer und ich hatte zum Glück nur kurze Hose und T-Shirt an.
Wie auch immer es Passiert kann ich gar nicht so genau sagen, ich war alleine am Boot und bin im Hafen zwischen Steg und Boot gefallen.
Dabei habe ich mir den großen Zeh gebrochen und beim Versuch mich festzuhalten die Schulter ausgekugelt.
Der Hafen hatte keine Leitern an den Stegen, also musste ich so mit einem Arm etwas Schwimmen und dabei auch noch die Badeleiter nach unten Klappen. Dort war es über 5 Meter Tief, also nichts mit mal eben im Wasser Stehen können.
Nachdem ich es dann geschafft habe endlich die Leiter nach unten zu bekommen war es schon eine Herausforderung mit einer ausgekugelten Schulter und einem gebrochenen Zeh die 6 Stufen (es sind nur Runde Rohre) heraufzuklettern und sich dabei krampfhaft festzuhalten.
Weit und breit war niemand in der Nähe und wenn ich noch mit dem Kopf am Boot oder dem Steg angeschlagen wäre.......
Naja, sowas gibt dann zu denken.

[Hele63]

Gott sei Dank das es noch soweit "gut" ausgegangen ist. Das ist das wichtigste hier.
Passiert ist uns vielleicht schon allen etwas.
Gut, das es meistens noch so halbwegs aus geht.

Und am Schluss sind wir alle klüger. Dann halt. Ich auch.

[Sealord37]

Kumpel ist mal beim Eisangeln eingebrochen, konnte noch stehen, war aber trotzdem komplett einmal eingetaucht und nass. Ich wollte ihn im Auto nach Hause fahren, aber er hat drauf bestanden, selbst mit der Simson zu fahren. Waren ca. 15km und zwischendrin war natürlich die Schranke zu, also einmal den Gefrierfleischorden in silber gewonnen und das Ganze ohne krank zu werden überstanden.
Da waren wir halt noch jung.....

[Kanalschwimmer]

Zitat von Sealord37

Kumpel ist mal beim Eisangeln eingebrochen, konnte noch stehen, war aber trotzdem komplett einmal eingetaucht und nass. Ich wollte ihn im Auto nach Hause fahren, aber er hat drauf bestanden, selbst mit der Simson zu fahren. Waren ca. 15km und zwischendrin war natürlich die Schranke zu, also einmal den Gefrierfleischorden in silber gewonnen und das Ganze ohne krank zu werden überstanden.
Da waren wir halt noch jung.....

So witzig ...

[Gerd-CH]

Ernstes Thema und Danke für den Beitrag.
Leider trage ich meine neue Automatikweste, wenn ich gerade allein auf dem Waser bin und um auf dem Boot herumklettere, nicht mehr so regelmässig wie noch vor einem Jahr.
Der Bodensee war Anfang letzter Woche bei 7° C.

[petzeler]

Danke für die offenherzige Schilderung deines Unfalls. Die hat mich nachdenklich gemacht, weil ich meist ohne Rettungsweste um und übers Boot turne und das auch noch solo. Fazit: Ich werde mein Verhalten und meine Einstellung überdenken und anpassen. Daher danke für den Beitrag.

[HermannC]

Von mir auch ein Danke für diesen Beitrag.



Ich war vor ca. 20 Jahren in der Hubschrauberfliegerei tätig. -Nordsee-. Deshalb auch „Überlebenstraining auf See“ in Nordholz bei der Marine. Da habe ich viel gelernt.


Viele Jahre später:
Ankerplatz in Portugal, Fluss Guadiana, ablaufend Wasser.
Es geht etwas über Bord, das wichtig war, aber schwimmen konnte. Ich bin sofort ins Wasser gesprungen um den Gegenstand zu „retten“. Habe aber in dem Moment nicht über die Strömungsgeschwindigkeit nachgedacht.


Ergebnis: Gegenstand gerettet, aber keine Chance bei der Strömung wieder an Bord zu kommen.


Gott sei Dank hat ein Mitsegler das gesehen und mich mit seinem Beiboot gerettet.
Was ich damit sagen will:
Manchmal gibt es auch Reflexe, die einem ins Wasser bringen.
Also vorher gut überlegen und versuchen auf der sicheren Seite zu sein.


Grüße Hermann

[Leuchtturm]

Ich bin auch mal anfang MAi in Norwegen ins Hafenbecken gefallen. Mit gummistiefel und normalen Klamotten. Platsch ! erster Griff Handy in der Tasche. Nein Alos was nun am Steg festhalten und abwarten ca 3 sek. OK Stiefel aus ist das erste. Dann überleben die Steinböschung hoch ca 20 Meter oder die LEiter ca 5 m . Leiter mußte zwar unter den Steiger Tauchen aber das ging. Mein Kumpel wollte mich auch aus dem Wasser ziehen aber das ist vergebliche Mühe gewesen. Also ab zur Leiter. Scheiß Muscheln sauscharf mit Socken aber ok. Raus auf den Steg. Klamotten vom Leib und den Kumpel den Autoschlüssel gegeben um mich nach Hause zu fahren.
Fazit ich weiß nicht wie kalt das Wasser war aber keinesfalls über 7 Grad. Luft um die 10 Grad. Die ganze Aktion ist bei mir sehr ruhig abgelaufen keine Panik und gefroren habe ich komischer weise auch nicht. Habe mal gelernt man sollte im Wasser seine Sachen nicht ausziehen. Also ich bin nun vorsichtiger aber bereit das nochmal zu durchleben mit der nötigen Sorgfalt und ohne Panik sollte ich das nochmal überleben.
Die Geschichte ist im Dorf rumgegangen und ich bin der HBS Hafenbeckenschwimmer.
So kann das auch ausgehen. Aber man muß die Ruhe bewahren und sich sammeln. Achja Gefroren habe ich nicht wirklich ich meine mit Zittern oder so Klar war das Wasser kalt aber ich denke 10 min. hält man das bequem aus

[wernerw]

Wenn du keinen direkten Schock bekommst und noch agieren kannst um Hilfe rufen und raus aus dem Klamotten. Beim DLRG hab ich gelernt mit Klamotten zu schwimmen, das ist schon in den Basisübungen mit drin, du schleppst auch ab mit Klamotten usw.Aber das sind keine Wollpullover oder Gummistiefel.Die saugen sich nicht so voll, du bekommst aber einen sehr guten Eindruck wie schwer das ist mit einem einfachen "Karateanzug" schwimmen zu wollen. Es ertrinken auch Menschen in Watthosen... da muss man auch erst raus bevor man sich retten kann.

Ich habs mal durch eine Eisdecke geschafft beim Sturz vom Steg. Ohne Hilfe meiner Freunde wär ich da nicht rausgekommen, trotz DLRG Ausbildung. Das erste was einschläft sind die Hände, du kannst nicht mal mehr eine Leine greifen, Reissverschlüsse öffnen usw...die sind total taub. Das dauert nur ein paar Sekunden bis dahin wenn die Luft auch noch unter 0° C hat.

Ich denk auch öfters daran das man die Rettungsweste in verschiedenen Situationen tragen sollte. Bei den Beruflern ist das draußen Pflicht, ich sparte mir das bislang immer aus Bequemlichkeit aber heute beim kranen gabs auch ein paar Situationen wo eine Weste Sinn gemacht hätte. Ist nix passiert aber war zweimal knapp.

[madocaro]

Als freiwilliger Seenotretter kann ich nur jedem empfehlen immer eine Rettungsweste zu tragen. Und zwar ab dem Zeitpunkt, wo man das Boot betritt.
Das mag zwar für viele übertrieben sein, oder uncool aussehen.
Ich sage aber immer: Lieber ein lebender Feigling, als ein toter Held.
In diesem Sinne wünsche ich allen eine unfallfreie Saison.

[Top-Gun]

Danke für deinen Beitrag. Das wird tatsächlich sehr unterschätz. Vermutlich von den meisten von uns!

Grüße

[Thomas59]

Liegeplatznachbar lag mit dem heck zur Pier. Abstand ca. 1m. Badeplattform ca 1/2m tiefer.
Er rutschte auf der badeplattform aus schlug mit der rechten kopfseite auf den betonpier, weiter fallend mit der linken kopfseite auf die badeplattform, dann ins Wasser komplett.
Zeitdauer ca 1-2 Sekunden.
Er hatte ne Videokamera die den Vorfall auszeichnete. Wir waren alle geschockt. Trotz des schlimmen Vorfalls hatte er viel Glück gehabt.

Gruß

[haass]

ein sehr wichtiger Beitrag, danke dafür.
wir haben gebetsmühlenartig seit über 40 jahren immer wieder auf mehr Sicherheit und Rettungseinrichtungen in den Häfen plädiert. dort passieren die schweren Unfälle, was auch die beitrage hier zeigen.
es ist erschreckend zu sehen wie sorglos die Hafenbetreiber mit dem them Sicherheit umgehen, obwohl hier das größte Sicherheitsrisiko liegt.

[Kanalschwimmer]

Zitat von madocaro

Das mag zwar für viele übertrieben sein, oder uncool aussehen.

Beisewäi: so uncool sieht das gar nicht aus, Frau hat gestern ihre neue Weste anprobiert - war ein echter Hingucker (ok, sie hatte aber auch sonst nix an)

Vielen Dank für das überwältigende Interesse, ich habe echt überlegt, ob ich das schreibe - aber scheinbar war es doch eine gute Idee.

[Big Blue]

Zu Rettungswesten bei mir an Bord:

Jeder bei jedem Wetter

sonst wird gar nicht erst abgelegt.

Meine Frau ist mal beim Ablegen mit dem Segelboot in den Teich gegangen. Die war froh eine Weste getragen zu haben

[Totti-Amun]

Eine gute Rettungsweste spürt man nicht beim Tragen. Ich habe nur Secumar Survival und für mich Scout an Bord.

Beim Segelboot (Binnengewässer) wird eine Rettungsweste getragen, wenn das Segel gerefft werden muss.

Beim großen Motorboot immer und jeder, der beim An- und Ablegen und Schleusen tätig ist und wer sich auf Oberdeck fern des geschützten Fahrstands bewegt im fliessenden Gewässer. Wer dazu nicht bereit ist, steigt aus.
Auf See sowieso immer mit Weste.

Gruß

Totti

[Totti-Amun]

Zitat von Federball

Wobei ich mal gelernt habe, dass Wasser im Wasser nichts wiegt.

Jeans, Schuhe, Wäsche, Jacke wiegt auch und das sind auch trocken schon ein paar Kilo.
Binde dir mal 3kg an die Füße und schwimme damit. Aber bitte im Stehbereich!!!
Und dann kommt der Augenblick, wo du aus dem Wasser steigen musst.

Ich kann jedem nur mal empfehlen, mit Klamotten versuchen zu schwimmen und dann eine Strickleiter 2-3m aufzusteigen.
Das ist auch mit 20 Jahren ein Problem und eine Herausforderung. Oder einsteigen in eine Rettungsinsel aus dem Wasser, am Besten bei Seegang.
Einfach mal machen...
In Neustadt kann man das alles im Rahmen eines Schiffssicherungslehrgangs inzwischen auch als Zivilist. Sehr sehr empfehlenswert.

Grüße

Totti

[volker1165]

Das ist der Punkt. So ein menschlicher Körper hat ja insgesamt eine ganz wenig geringere Dichte als Wasser. Merkt man ja schon in Badehose, wenn mal mal versucht, sich nur treiben zu lassen. Jetzt eine volle Herbstmontur und schwupps ist mein Stück drüber mit der Gesamtgedichte.

Zitat von Totti-Amun

Jeans, Schuhe, Wäsche, Jacke wiegt auch und das sind auch trocken schon ein paar Kilo.
Binde dir mal 3kg an die Füße und schwimme damit. Aber bitte im Stehbereich!!!
Und dann kommt der Augenblick, wo du aus dem Wasser steigen musst.